Emil Nolde

Tränende Herzen und Tulpen
ca. 1948/50

Emil Nolde, Tränende Herzen und Tulpen
© Nolde Stiftung Seebüll

Aquarell auf Japanpapier

19,3 × 13,9 cm

Signiert und "Gerta Kahlke zur Konfirmation von J. und E. Nolde." auf dem Unterlagekarton gewidmet

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Expertise

Prof. Dr. Manfred Reuther, ehemaliger Direktor der Stiftung Ada und Emil Nolde, Seebüll

Provenienz

Atelier des Künstlers; Sammlung Gerta Kahlke, Seebüll (1952 Geschenk von Jolanthe & Emil Nolde); Sammlung Svend Aarkrog, Aarhus, Dänemark (seit 1960)

Ausstellungen
  • Galerie Ludorff, "Neuerwerbungen Herbst 2021", Düsseldorf 2021
  • Galerie Ludorff, "Meisterwerke des Expressionismus", Düsseldorf 2011/2012
Literatur
  • Galerie Ludorff, "Neuerwerbungen Herbst 2021", Düsseldorf 2021, S. 104

„Die blühenden Farben der Blumen und die Reinheit dieser Farben, ich liebte sie. Ich liebte die Blumen in ihrem Schicksal: emporschießend, blühend, leuchtend, glühend, beglückend, sich neigend, verwelkend, verworfen in der Grube endend. Nicht immer ist unser Menschenschicksal ebenso folgerichtig und schön, aber auch immer endigt dies im Feuer oder in der Grube.“ 1)

Die Natur mit ihren Landschaften und ihrer Blumenpracht ist für den Künstler Emil Nolde eine schier unendliche Inspirationsquelle für seine Öl- aber vor allem auch für seine wundervollen Papierarbeiten. Eine enge Verbundenheit mit der Natur hat Nolde als Bauernsohn seit seiner frühesten Kindheit erfahren und auch in seinen weiteren Lebensetappen zieht es den Maler stets in die Natur. Einen großen Traum erfüllt er sich mit seinem Atelierhaus in Seebüll, das von einem prächtigen Bauerngarten umgeben ist, den der Künstler gemeinsam mit seiner Frau Ada angelegt hat. Die ungeheure Farbenpracht der zahlreichen Blumen regt Nolde zu seinen schönsten Aquarellen an und vor allem das Kolorit der Blüten verleitet den Künstler dazu, die Farbe zum zentralen Ausdrucksmittel zu machen. Auch bei unserem Blatt „Tränende Herzen und Tulpen“ sind es vor allem die leuchtenden Farben, die den Betrachter in ihren Bann ziehen. Hochbetagt und doch voller jugendlichem Elan versteht es Nolde, ein sehr sensibles und zugleich sehr expressives Blumenstilleben zu schaffen. Dem kräftigen Rot der Tulpen setzt der Maler die zarte Zeichnung der Tränenden Herzen entgegen, deren gelbe Lichtreflexe warm erstrahlen und einer Kette aufgereihter Lampions ähneln. Als Hintergrundfarbe wählt Nolde ein intensives Blau, dass die Leuchtkraft der Blumen noch potenziert. Durch einen bewusst eng gefassten Bildausschnitt rückt Nolde die Blütenköpfe in den Vordergrund. Diese starke Nahsicht scheint den Betrachter zu einem intimen Zwiegespräch mit der Natur zu ermuntern.

Der besondere Zauber des Blattes „Tränende Herzen und Tulpen“ liegt in der großen Virtuosität, mit der Nolde die Grenzen der Aquarellmalerei neu auslotet. Zum einen zeugt die gekonnte Komposition des Bildes und die sicher geführte Zeichnung der Blütenstängel vom talentierten und handwerklich ausgereiften Maler. Zum anderen überzeugt Nolde auch im vorliegenden Aquarell durch seine temperamentvolle Spontaneität, die ihm zeitlebens erhalten bleibt. Er ist „[…] stets bestrebt, das Unwägbare des Zufalls im Arbeitsprozess als gestalterisches Element zu gewinnen. Der Maler [reagiert] feinfühlig wie ein Seismograph auf solche Impulse und [lässt] sich gern durch seine Einbildungskraft von den zufälligen Gegebenheiten des Augenblicks leiten.“2)

Die größte Herausforderung des Aquarellierens liegt in der schnellen Arbeitsweise und in der Unmöglichkeit der nachträglichen Korrektur. Seine unbeschwerte farbintensive Malerei und die zerfließenden Übergänge geben Zeugnis darüber, wie spielerisch Nolde diese Herausforderung meistert.

Treffend ergründet Dr. Manfred Reuther, Direktor der Stiftung Ada und Emil Nolde in Seebüll, das Geheimnis von Noldes wundervollen Blumenstillleben: „Seine eindringliche Nähe zur Natur [sucht] Nolde kongenial im Aquarell umzusetzen, mit der er seine innersten Regungen und künstlerischen Intentionen im Malvorgang selbst zu gestalten [vermag]. Mit voll getränktem, schweren Pinsel und in raschen, fast organisch sicheren Abläufen werden die Bilder aus der Farbe geboren, die von den weichen, saugfähigen Japanpapieren begierig aufgenommen wird, sodass beide zu einer unauflöslichen, natürlichen Einheit zusammenfinden […]. Die reinen, ungebrochenen Farben, die Unregelmäßigkeiten und fließenden Übergänge, Flecken und Verläufe, überhaupt das Einbeziehen des kontrollierten Zufalls in den Gestaltungsvorgang korrespondieren in besonderem Maß mit der Eigenheit der pflanzlichen Motive, entsprechen in der bildnerischen Umsetzung dem Wesen und Erscheinungsbild der Blumen, Blüten und Blätter.“3)

Anm.:

1) Emil Nolde, „Mein Leben“, Köln 2008, S. 164.

2) Zit. nach: Manfred Reuther, „‚Grüße von unserem jungen Garten‘ – Emil Noldes Gärten und seine Blumenbilder“, in: Nolde Stiftung Seebüll (Hg.), „Emil Nolde. Mein Garten voller Blumen“, Köln 2009, S. 32.

3) Ebd. S. 33.

Über Emil Nolde

Emil Nolde ist ein wichtiger Vertreter des Expressionismus. In seinen Landschaften, ebenso wie in den Blumenbildern, kombiniert er Farbe so radikal wie kaum ein anderer.

Weitere Werke
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