Fritz Winter
Gestein
1965
Oil on canvas
97.5 × 130 cm / 38 3/8 × 51 3/16 in
Signed and dated »65« also signed again, dated and titled on the verso
The work is registered in the archives of the Fritz-Winter-Haus, Ahlen
Private Collection Bavaria (by inheritance until 2022)
- Galerie Ludorff, Neuerwerbungen Herbst 2022, Düsseldorf 2022
- Galerie Ludorff, "Neuerwerbungen Herbst 2022", Düsseldorf 2022, S. 154
Mit dem Beginn der 1960er Jahre verlagerte sich das Hauptaugenmerk in Fritz Winters Schaffen zunehmend zugunsten einer Ambivalenz zwischen der Farbe als Raumwert und der Flächigkeit der Leinwand. Obwohl sein Œuvre schon immer stark durch sein Naturverständnis geprägt war, lässt sich der Naturbezug mit dem Fortschreiten dieses Jahrzehnts immer schwieriger ablesen.
So auch in unserem Werk »Gestein« aus dem Jahr 1965, in welchem der Titel ausschlaggebend für eine potenzielle Konkretion des Bildgehalts sein mag. Maßgeblich von einer schweren, erdigen Farbpalette bestimmt, zeigt das Querformat eine Vielzahl von unregelmäßig balkenförmigen Farbfeldern, die vertikal gestaffelt und verzahnt sind. Aus dem unteren, rechten Bildviertel schieben sich drei Farbfelder in Ocker und Braun vor und lenken unseren Blick auf eine weiße Fläche in der Mitte, die wie ein Bergkristall aus den lasierten Schichtungen aufzuleuchten scheint. Einige dieser Felder vermitteln durch opaken Farbauftrag und scharfe Kanten Statik, während durch den schwingenden Pinselduktus mancher, überbordender Felder Bewegung generiert wird. Der steingraue Fond, der allen Farbfeldern zu Grunde liegt und nur stellenweise nicht übermalt ist, zieht den Betrachter durch die seismisch anmutende Spannung der Farben zum Kern des Werks gleich einer Reise zum Kern des Erdinneren. Werner Haftmann beschreibt diese kraftvolle Wirkung wie folgt: »Wir sehen da Diagramme von Energien, Strukturen, Kraftfelder, feine kristalline Grundmuster, die wir wiederzuerkennen glauben, weil ihre innere Natürlichkeit und Notwendigkeit uns vermuten lassen, daß wir uns hier ähnlichen Gestaltungen gegenüber finden wie die, in denen sich Natur im lebendigen Vollzug ihrer Lebensregungen einzeichnet und die den Maler auffordern, auch seinerseits sein Erlebnis der bewegten Natur in ähnlich lebendige Diagramme zu verwandeln.«1
1 Werner Haftmann, »Malerei im 20. Jahrhundert. Eine Entwicklungsgeschichte«, München 2000, S. 517.