Gotthard Graubner

Ohne Titel (Gesacktes Kissen)
1970

Gotthard Graubner, Ohne Titel (Gesacktes Kissen)

mixed technique on canvas over synthetic cotton on canvas

59 × 51.5 × 10 cm / 23 1/4 × 20 1/4 × 3 15/16 in

verso signed and "70" dated

Expertise

Wir danken Frau Kitty Kemr für die freundliche Bestätigung der Echtheit des Werkes

Provenance

The artist's studio; Galerie Schmela, Dusseldorf; Collection Winfred Gaul (1970-1974); Kunst-Börse, Cologne (1974); Private Collection North Rhine-Westphalia (1974-2022)

Exhibitions
  • Galerie Ludorff, Neuerwerbungen Herbst 2022, Düsseldorf 2022
Literature
  • Galerie Ludorff, "Neuerwerbungen Herbst 2022", Düsseldorf 2022, S. 52

Wie kaum ein anderer deutscher Künstler hat sich Gotthard Graubner in seinen Arbeiten mit der Wirkung von Farbe auf unterschiedlichen Bildträgern auseinandergesetzt. Er verwendet Farbe dabei nicht im klassischen Sinn der reinen Darstellung. Er modelliert sie, verdichtet sie zum Organismus, lässt sie Medium werden. Seine Arbeiten basieren dabei auf keinem systematisch ausgearbeiteten, farbtheoretischen Konzept. Vielmehr entwickelt er im Laufe seiner Schaffenszeit ein erprobtes, auf Farbe ausgerichtetes, Spannungsgefüge.

Im Verlauf der 1960er Jahre entwickelte Graubner jene Arbeiten, die kennzeichnend für sein künftiges Œuvre werden sollten. Statt mit dem Pinsel die Farbe über die Fläche zu ziehen, drückte er sie mit einem farbgetränkten Schwamm ab – zunächst auf Papier, bald jedoch schon unterfütterte er die Leinwände mit einer dicken Schicht Synthetikwatte, sodass die Bildfläche sich als wulstig begrenzter Körper nach vorne wölbt und zur tastbaren Oberfläche wird. Oft überspannte er diese Kissenkörper nicht mit Leinwand, sondern mit weißem Perlon­gewebe, welches den Werken, insbesondere den Gesackten Kissen, die Ende der 1960er Jahre entstehen und zu denen auch unsere Arbeit zählt, eine schimmernde und transparente Oberfläche verleiht.

An unserer Arbeit »Ohne Titel (Gesacktes Kissen)« zeigt sich besonders schön, wie das Material mit dem Auftrag der Farbe selbst zum Körper wird. Die Aktion der Farbe ist das Entscheidende. Sie verbindet sich mit dem Bildkörper, breitet sich über die Fläche, sickert in ihn ein und durchtränkt ihn zur Gänze. Die Farbkonsistenz bestimmt dabei die Bewegung, den Weg, den sich die Farbe in unbewusstem Lauf bahnt. Hierbei kommt es zu Stauungen; der Farbraum bewegt sich im Sog der Pigmenthäufungen und die Fläche atmet. Mehrfach übereinandergeschichtet, gehen Farben wie Gelb, Beige oder Ocker vielfältige Verbindungen ein und erscheinen in ihrer Potentialität als wirkende Energie. In der Wahrnehmung von Graubners Bildern erleben wir sie als eine unverkennbare Schwere, in welcher sich unsere Gebundenheit an die Erde manifestiert. Durch diesen Wirkungsvorgang treten wir aus unserer Rolle des Betrachtenden heraus und werden Teil des Geschehens der Farbe.

Gotthard Graubner zählt zu den herausragenden Vertretern der ge­genstandslosen Malerei. Wichtige Stationen seiner Karriere sind zahlreiche Teilnahmen an der documenta in Kassel, die Einrichtung des Deutschen Pavillons auf der Biennale di Venezia (1982) sowie als Auftragsarbeiten entstandenen Bilder für den Amtssitz des Bundespräsidenten im Schloss Bellevue in Berlin.

About Gotthard Graubner

Gotthard Graubner is among the outstanding representatives of non-objective painting. His so-called “cushion paintings”— sculptural-looking pictorial bodies— gained the painter international recognition.

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