Hermann Hesse

Leben einer Blume
1935

Hermann Hesse, Leben einer Blume

Watercolour and Indian ink on paper

2 sheets, each 28.5 × 19.5 cm | 9 1/4 × 7 1/2 in

Edition of From the portfolio »Zwölf Gedichte« for Professor Eduard Monnier (1875 - 1940)

With the handwritten poem with 20 lines

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Provenance

Private Collection Switzerland

Exhibitions
  • Galerie Ludorff, Neuerwerbungen Frühjahr 2022, Düsseldorf 2022
Literature
  • Galerie Ludorff, "Neuerwerbungen Frühjahr 2022", Düsseldorf 2022, S. 57

Leben einer Blume

Aus grünen Blattkreis Kinderhaft beklommen

Blickt sie um sich und wagt es kaum zu schauen,

Fühlt sich vom Wogen Lichtes aufgenommen,

Spürt Tag und Sommer unbegreiflich blauen.

Es wirbt um sie das Licht, der Wind, der Falter,

Im ersten Lächeln öffnet sie dem Leben

Ihr banges Herz und lernt, sich hinzugeben

Der Träumenfolge kurzes Lebensalter.

Jetzt lacht sie voll, und ihre Farben brennen,

An den Gefäßen schwillt der goldne Staub.

Sie lernt den Brand des schwülen Mittags kennen

Und neigt am Abend sich erschöpft ins Laub.

Es gleicht ihr Rand dem reifen Frauenmunde,

Um dessen Linien Altersahnung zittert;

Heiß blüht ihr Lachen auf, an dessen Grunde

Schon Sättigung und bittre Neige wittert.

Nun schrumpfen auch, nun fasern sich und hangen

Die Blättchen müde überm Samenschoße.

Die Farben bleichen geisterhaft: das große

Geheimnis hält die Sterbende umfangen.

About Hermann Hesse

The writer Hermann Hesse also worked as a visual artist and created an extensive oeuvre of watercolours and poetry illustrations.

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