Hermann Hesse

Bei Muzzano Cortivallo
1928

Hermann Hesse, Bei Muzzano Cortivallo

Aquarell auf Papier

Darstellung: 26,3 × 24,1 cm | 10 1/3 × 9 1/2 in
Blatt: 31,5 × 24,1 cm | 12 1/2 × 9 1/2 in

Vom Künstler am unteren Blattrand "20. Juni 28" datiert

Auf dem alten Passepartout mit dem Sammlerstempel von Bruno Hesse versehen sowie "bei Muzzano-Cortivallo?", "Luzern XI 77." und "für Rosa" bezeichnet

Provenienz

Atelier des Künstlers; Sammlung Bruno Hesse; Sammlung Rosa Hesse; Privatsammlung Rheinland

Ausstellungen
  • Ernst Barlach Museum, "Hermann Hesse - Dichter, Maler, Kultfigur", Wedel 2018/2019

Hesse betrachtet die auf dem vorliegenden Aquarell gebannte Tessiner Landschaft um den Ort Muzzano Cortivallo von einem erhöhten Standpunkt aus. Mit schwarzer Tuschfeder und intensiven Aquarellfarben erzählt der Dichter und Maler von den im Zentrum der Darstellung befindlichen Häusern und der umgebenden sommerlichen Vegetation. Seine Darstellung reicht jedoch über eine reine Schilderung des Gesehenen hinaus. So transportieren seine Aquarelle immer auch die Emotionen des Künstlers beim Betrachten der vor ihm liegenden Realität und die Gedankenwelt, die sich vom Gesehenen angesprochen fühlt. »Er ist ein Dichter, der malt, und ein Maler, der dichtet. Sein Umgang mit Farben ist nicht weniger poetisch als der mit Worten. Wie Märchen zeigen sie das Unwirkliche wirklich und das Wirkliche unwirklich.«1 Der Dichter lässt sich niemals vom Künstler trennen, sondern beide befruchten einander. Es ist jedoch augenscheinlich, dass Hesse als Maler meist den Fokus auf das Schöne setzt und er vorwiegend durch die herrliche Tessiner Landschaft inspiriert ist, seiner in der zweiten Lebenshälfte geliebten Wahlheimat.

Hesse widmet dem Zeichnen und Malen zu in diesen Jahren bereits in etwa die gleiche Zeit wie der Dichtung und seine große Bedeutung für das Gesamtwerk ist offensichtlich. »Die Malerei ist für Hesse eine ideale Form der Meditation. Der Gegenstand, der seine Aufmerksamkeit fesselt, ist gleichsam die Achse, um die seine Energien sich sammeln [...]. Somit wird die Konzentration auf einen Gegenstand zu einer Befreiung vom eigenen Ich.«2 Den Zugang zur Malerei findet Hermann Hesse im Zuge einer Psychoanalyse. Die Schrecken des Ersten Weltkrieges hatten den Dichter seelisch stark erschüttert und sein Arzt hatte ihn im Zuge der Behandlung ermuntert, seine Gefühle durch dieses neue Medium auszudrücken. Als Autodidakt bringt Hesse sich die Techniken des Malens selbst bei und das Aquarell wird neben der Dichtung seine künstlerische Ausdrucksform. Nach anfänglichen Unsicherheiten und der Bestärkung durch befreundete Künstler wie etwa Louis Moillet wird die künstlerische Doppelbegabung schnell sichtbar.

1 Volker Michels, »Farben ist Leben – Hermann Hesse als Maler«, S. 11-28, in: Galerie Ludorff, »Malerfreude – Hemann Hesse«, Ausst.-kat., Düsseldorf 2016, S. 19.

2 Jean Philippe De Tonnac, »Hermann Hesse – Spurensuche im Tessin«, Hildesheim 1997, S. 86.

Über Hermann Hesse

Der Schriftsteller Hermann Hesse war auch als bildender Künstler tätig und schuf ein umfangreiches Werk an Aquarellen und Gedichtillustrationen.

Weitere Werke