WOLS
Ohne Titel
ca. 1940/1941
Aquarell und Tusche auf Papier
27 × 37,1 cm
Signiert
Das Aquarell wird in das aktualisierte Wols Werkverzeichnis der Karin und Uwe Hollweg Stiftung, Bremen aufgenommen
Dr. Ewald Rathke, Frankfurt/Main 2023
Nachlass des Künstlers; Henri Benezit, Paris (ca. 1970-); Privatsammlung Frankreich; Privatsammlung Italien (-2006); Christie's, London (9. Febr. 2006, Los 135); Privatsammlung (2006-2023); Sotheby's, London (2. März 2023, Los 369); Privatsammlung Frankreich (2023-)
- Galerie Ludorff, Neuerwerbungen Herbst 2024, Düsseldorf 2024
Sind es Pilze, Wurzeln oder Teile von Pflanzen, Fische, menschliche Organe oder doch nur rein organische Materie, die auf unseren beiden Werken, teils von dünnen Fäden gehalten, vor einem leicht aquarellierten Hintergrund auszumachen sind? Vieles mag einem beim Betrachten der Arbeiten in den Sinn kommen, einer eindeutigen Interpretation jedoch entziehen sich die Werke. Dies ist ganz im Sinne des Künstlers. Seine Werke soll man fühlen. Analysen und Erklärungen sind ihm zeitlebens zuwider.
Durch ein Missverständnis des Telegrafenamts im Paris kommt Otto Wolfgang Schulze 1937 zu dem Namen, unter welchem er als Vorreiter des Informel und Hauptvertreter des Tachismus Kunstgeschichte schreiben sollte. Aufgewachsen in Dresden verläßt Wols die Stadt im Alter von 19 Jahren gen Paris. Im engen Kontakt mit der Pariser Kunstszene der 1930er Jahre beginnt er seine künstlerische Karriere mit surrealistischen Aquarellen und Zeichnungen sowie dem Medium der Fotografie. Vielleicht wäre Wols sogar Fotograf geblieben, wenn er 1939 nicht in Folge der deutschen Kriegserklärung an Frankreich interniert worden wäre.
Als eine Folgeerscheinung – Wols steht in der Haft kein Fotoapparat zur Verfügung – löst das leichter verfügbare Aquarell die zuvor im Mittelpunkt seines Interesses stehende Fotografie ab. In dieser Zeit entstehen jene kleinen, zartfingrigen und traumartigen Aquarelle, die das filigrane Zentrum seines OEuvres ausmachen und zu denen auch unsere beiden Arbeiten zählen, die wahrscheinlich kurz vor seiner Internierung bzw. kurz nach seiner Entlassung entstanden sein werden, zu der es 1940 Dank der Heirat mit seiner französischen Lebensgefährtin Gréty kommt.
Kurz nach seiner Freilassung lernt er in Dieulefit den ebenfalls geflohenen Schriftsteller Henri-Pierre Roché kennen. Er wird zu seinem ersten Sammler. Nach Kriegsende und seiner Rückkehr nach Paris wird es dann aber der Pariser Galerist René Drouin, der Wols Aquarelle zur Jahreswende 1945/46 erstmals ausstellt.
Nur wenige Jahre später verschlechtert sich der gesundheitliche Zustand des an starker Alkoholsucht und stetem Geldmangel leidenden Künstlers zunehmend. Er stirbt 1951, inzwischen weltweit bekannt mit nur 38 Jahren an einer Lebensmittelvergiftung.
Posthum wird Wols auf den ersten drei documenta-Ausstellungen in den Jahren 1954, 1959 und 1964 sowie auf der Biennale im Jahre 1958 präsentiert.