Andy Warhol
Boy with Stuffed Tiger
ca. 1957
Tusche, Collage und Tempera auf Papier
50,5 × 73,5 cm
Signiert und "1274" nummeriert sowie rückseitig mit dem Nachlassstempel versehen und "300.015" nummeriert
Jablonka Galerie, Köln; Privatsammlung Japan; Priatsammlung London
- Galerie Ludorff, "Drawn World: Zeichnungen von Menzel bis Warhol", Düsseldorf 2019
- Galerie Ludorff, "Drawn World. Zeichnungen von Menzel bis Warhol", Düsseldorf 2019, S. 122
Andy Warhols vorliegende Zeichnung „Boy with Stuffed Tiger“ (ca. 1957) zeigt einen kleinen Jungen, der auf dem Bett liegt und einen Plüschtiger in seinen Händen hält. Mit geschlossenen Augen und leicht gespitztem Mund scheint er seinem Tier einen Kuss geben zu wollen. Warhol hält das innige Motiv mit gekonnter Linienführung fest und verzichtet dabei auf jegliche Modellierung der Körper. Hierbei mag der junge Warhol von möglichen Vorbildern wie Matisse oder Picasso inspiriert gewesen sein, die er in den Museen New Yorks gesehen hat. Mit seinen typischen auf sogenannte „blotted lines“ reduzierten Zeichnungen avanciert der erst 1949 nach New York übergesiedelte Warhol rasch zu den gefragtesten Werbegrafikern der Stadt. Seine Arbeiten werden regelmäßig in Magazinen wie Vogue oder Harper’s Bazaar abgedruckt. Die „blotted-line“-Technik ist eine Erfindung Warhols, die bewusst Imperfektionen der zeichnerischen Linie zulässt bzw. diese sogar herausfordert. Um seine typischen ‚gekleckerten Linien‘ zu erhalten, überträgt Warhol eine Bleistiftzeichnung mit einem Federhalter auf wasserresistentes Papier. Die Tusche haftet an diesem Papier ohne einzusinken. Durch die Oberflächenspannung der Farbflüssigkeit läuft diese an manchen Stellen zu kleinen Farbtropfen zusammen, um dann in einem weiteren Schritt auf ein absorbierendes Papier gedrückt zu werden, welches die Farbe nun dauerhaft aufnimmt.
Obwohl sämtliche Zeichnungen dieser Zeit Unikate sind, bringen sie Warhols große Experimentierfreude mit den Grundideen monotypischer Drucktechniken zum Ausdruck.Auf diese Weise deutet sich bereits in seinen frühen Werken an, in welche Richtung sich sein Werk im weiteren Zeitverlauf entwickeln wird. Rückblickend wird Warhol zu der transferierenden Arbeitsweise seiner ‘blotted-line-drawings’ sagen: ,,I always wanted to see how my work would look if it was printed.“1 Ohne Zweifel gelten die in Siebdrucktechnik entstandenen Leinwände bspw. der „Flowers“ oder der Portraits amerikanischer Filmstars wie Elizabeth Taylor oder Marilyn Monroe als zentrale und absolut typische Arbeiten des amerikanischen Pop-Art Künstlers Andy Warhol. In diesen gelingt es Warhol, die klassische Handschrift des Künstlers vollends zu eliminieren und mittels sehr moderner technischer Mittel einen an der kommerziellen Warenwelt geschulten neuen Ausdruck zu erzielen. Sein Frühwerk blieb hingegen lange Zeit unbeachtet und wurde erst vor wenigen Jahren durch verstärktes museales Interesse wiederentdeckt. Unser Blatt „Boy with Stuffed Tiger“ ist charakteristisch für diesen jungen Andy Warhol und eröffnet einen frischen Blick auf eine emotionalere Phase eines sich sonst sehr unterkühlt gebenden „business-artist“ wie er sich selbst zu nennen pflegte.
1 Zitat Andy Warhol, in: Heiner Bastian (Hg.), „Andy Warhol –
Retrospektive“, Ausst.-Kat. Neue Nationalgalerie, Berlin 2001, S. 15.