Emil Nolde

Bildnis von zwei Frauen
ca. 1940-1945

Emil Nolde, Bildnis von zwei Frauen
© Nolde Stiftung Seebüll

Aquarell, Deckfarben und Bleistift auf Papier

13,7 × 9,1 cm

Signiert

Eines der seltenen "Ungemalten Bilder", die während des Malverbots entstanden

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Expertise

Prof. Dr. Manfred Reuther, ehemaliger Direktor der Stiftung Seebüll Ada und Emil Nolde

Provenienz

Privatsammlung Schweiz

Ausstellungen
  • Galerie Ludorff, "Muse & Modell", Düsseldorf 2014

Das farbenfrohe Aquarell „Bildnis von zwei Frauen“ gehört zu den seltenen „Ungemalten Bildern“ Emil Noldes, die in der Zeit zwischen 1938 und 1945 entstehen und allgemein als Höhepunkt seines Schaffen angesehen werden. Nachdem sein Werk seit 1937 als ‚entartet’ diffamiert und er schließlich 1941 mit einem völligen Mal- und Ausstellungsverbot belegt wird, entstehen diese Kleinode nicht mehr im Atelier oder gar draußen, sondern ganz zurückgezogen und heimlich in der sogenannten Nähstube, einem kleinen Zimmer im oberen Geschoss seines Hauses in Seebüll.

„Ausflüge ins Traumhafte, ins Visionäre, ins Phantastische stehen jenseits von Regeln und kühlem Wissen. Es sind freie, herrliche Gefilde und Gebiete voll Reiz und Scharm in lichtem und tiefem und leichtem geistigen Erleben. Wer nicht Träumen und schauen kann, kommt nicht mit.“1), vermerkt Nolde am 8. Juli 1943 in seinen Worten am Rande, kleinen Notizen auf schmalen Zetteln, die seine „Ungemalten Bilder“ wie ein Tagebuch begleiten. Frei erfundene, farbenfreudige Traumwelten wie aus dem Märchen und freundschaftliche wie auch emotionale Begegnungen stellt Nolde auf diesen exklusiven Blättchen dar. Er malt nun nicht mehr nach der Natur, sondern rein aus seiner Erinnerung, seinem inneren Bilderschatz. Die „Ungemalten Bilder“ scheinen wie eine Flucht in eine Gegenwelt zu den Bedrängnissen, denen er sich ausgesetzt sieht und doch ist seine Schaffenskraft, wenn auch im Verborgenen, ungebrochen. „Malen nach einem Naturbild und etwas Technik kann ein jeder mehr oder weniger gut erlernen. Phantastisch schaffen kann nur der, den hierzu Begabung treibt.“ (Emil Nolde)

Vor allem mit der Farbe drückt er hier seine inneren Visionen aus. Als Technik wählt er das schnelle Aquarell, das er jedoch farbgewaltig einsetzt. Er arbeitet mit dem kontrollierten Zufall: Aus Farbflecken, Fehlstellen und Unregelmäßigkeiten entwickelt er seine Sujets. Oft bemalt er die Rückseite dünner Japanpapiere und setzt auf die Vorderseite zusätzlich Farbe. Auf diese Weise entstehen interessante Verläufe und Effekte, die er mit einer schwarzen Linie in Figuren zu wandeln weiß und mit Deckweiß höht und betont. Die Formate sind klein, fast intim; geboren aus dem Problem geeignetes Material zu erwerben, muss Nolde sich beschränken. So auch bei unserem feinen Aquarell aus dieser Serie. Nolde zeigt uns hier eine Begegnung zwischen zwei Frauen. Laut Expertise ist dieses Werk wohl bei einem Aufenthalt im Eppendorfer Krankenhaus in Hamburg entstanden.2)

Vor einem blaugefleckten Hintergrund, dem der Künstler mit einer Bleistiftschraffur Tiefe verleiht, sehen wir eine ältere und eine jüngere Frau, die in ein Gespräch vertieft zu sein scheint. Die Ältere mit hochgesteckten blauschwarzen Haaren wendet ihren Blick nach vorn zum Bildrand, während die Jüngere mit einer ignalroten Kopfbedeckung ihr etwas zuzuflüstern scheint. Ihre Kleidung ergießt sich in einem rötlichen Klecks über ihre Schultern. Dort wo das Blatt durchschimmert deutet Nolde mit Graphit eine geknöpfte Bluse oder ein Kleid an. Licht, in Form von Deckweiß, fällt auf ihre Gesichter. Der Künstler lenkt damit unseren Blick auf ihre mit zartem Bleistiftstrich angedeutete Mimik und lässt uns so an dieser ertraulichen Begegnung und ihrem Gespräch teilhaben.

Anm.: 1) Vgl. Manfred Reuther (Hg.), „Emil Nolde. Ungemalte Bilder“, Ausst.-Kat. Ada und Emil Nolde Stiftung Seebüll, Berlin 2009, S. 10.

2) Die Zeit, in der Nolde sich und seiner Kunst der Ächtung durch die Nationalsozialisten ausgesetzt sah, war durch zahlreiche Krankenhausaufenthalte und Genesungskuren gekennzeichnet. Vgl. Manfred Reuther (Hg.), Emil Nolde. Ungemalte Bilder, Ausst.-Kat. Ada und Emil Nolde Stiftung Seebüll, Berlin 2009, S. 9.

Über Emil Nolde

Emil Nolde ist ein wichtiger Vertreter des Expressionismus. In seinen Landschaften, ebenso wie in den Blumenbildern, kombiniert er Farbe so radikal wie kaum ein anderer.

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