Emil Schumacher
G-20/1961
1961
Gouache, Tusche und Mischtechnik auf Papier
64 × 51 cm
Signiert und "61" datiert
Aufgenommen in das in Vorbereitung befindliche Werkverzeichnis von Dr. Ulrich Schumacher und im Archiv der Emil Schumacher Stiftung unter der Nr. 0/4.905 registriert
Privatsammlung Deutschland; Galerie Ludorff, Düsseldorf (bis 2011); Privatsammlung Hong Kong; Privatsammlung Deutschland
- Galerie Ludorff, "The Simple Things. Minimalism and more...", Düsseldorf 2024
»Wenn ich male, bin ich immer sehr fiebrig angespannt; ein Willensakt, bei dem ich zwischen Gefühl und Verstand schwebe. Das Bild, das ich male, entnehme ich der Natur, ohne mich daran zu binden. Sie ist nur der Anlass, das nicht sichtbare Hintergründige darzustellen. Ich taste mich langsam vorwärts, ohne dass ich im einzelnen weiß, wohin es führt. Nur das gesamte Bild kenne ich zu jeder Zeit der Arbeit. [...]«1
Weder Vorstellung, noch Idee oder Konzept bestimmen Emil Schumachers abstrakte Malerei. Allein Erlebnis und Empfindung leiten und verbinden sein künstlerisches Tun. Dies gilt gleichermaßen für die Gemälde wie für die Gouachen, die von Anbeginn kontinuierlich sein Schaffen als eigenständige Werkgruppe begleiten. Mehr noch als den großen Leinwandarbeiten liegt ihnen eine spielerische und spontane Haltung zugrunde – denn rasch und mit leichter Hand gemalt, entstehen sie ohne den belastenden Anspruch auf Endgültigkeit aus einer inneren Freiheit, die neue Entwicklungen zulässt. Die Grundlage der vorliegenden Gouache »G-20« von 1961 bildet die pastos und unregelmäßig aufgetragene Grundierung, sie überdeckt den Bildträger mit einer unvollständigen, weißen Schicht, so dass das bräunliche Papier an einigen Stellen durchscheint. Das so zufällig Entstandene geht über die eigentliche Bedeutung einer vorbereitenden Grundierung hinaus, es ist vielmehr schon ein wesentlicher Bestandteil des später gültigen Werks. Von den sich ergebenden Strukturen wird der Maler zum nächsten Schritt provoziert, zur Anlage der linearen Komposition. Zögernd und zart, dann hastig und gebrochen, aber stets mit äußerster Konzentration schreibt er die schwarzen Linien ein. Sie geben Richtungen vor, grenzen etwas ein und zugleich etwas aus, und haben immer einen Eigenwert. Im Wesentlichen bergen sie in sich bereits das spannungsvolle Verhältnis, das Schumacher als Ganzes sucht. Um dieses auszuloten, bringt er im weiteren Gestaltungsprozess schließlich Farbe ins Spiel. Er reibt ein durchscheinendes, helles Blau auf, das im Zusammenspiel mit dem Schwarz und dem Weiß in Interaktion tritt. So entstehen Durchblicke, Akzente und Kontrapunkte. Wie die Zeichnung führt auch die Farbe ein Eigenleben in einem Zwischenbereich von Gegenständlichkeit und Abstraktion. Denn sie ist für den Künstler zunächst einmal Material – tastbar, erdhaft, mit den Händen zu be- und verarbeiten. Neben diesem sinnlichen Erlebnis besitzt sie auch emotionale Kräfte, die ihn zum Handeln stimulieren. Aus dem wechselvollen Dialog von Farbe und Linie, Form und Antiform entsteht eine werkimmanente Harmonie, die häufig Assoziationen an Gegenständliches zulässt.
1 Emil Schumacher, »Emil Schumacher – Arbeiten auf Papier 1957–1982, Ausstellung zum 70. Geburtstag«, Ausst.-Kat., Kunstmuseum Hannover mit Sammlung Sprengel/ Kunsthalle Darmstadt/Wilhelm-Hack- Museum Ludwigshafen am Rhein 1982/83, S. 26.