Ernst Ludwig Kirchner
Palais im Großen Garten
ca. 1910
Aquarell und Bleistift auf Papier
25,2 × 33,7 cm
Rückseitig mit dem Basler Nachlassstempel, “A Dre /Ab 18" nummeriert, "1109" nummeriert sowie von fremder Hand "Vergl. Grohmann Kirchnerzeichnungen Abb 17 Palais im großen Garten 1906" bezeichnet
Dieses Werk ist im Ernst Ludwig Kirchner Archiv Wichtrach/Bern dokumentiert
Nachlass des Künstlers; Privatsammlung Süddeutschland; Kunsthaus Lempertz, Köln (1964); Galerie Wolfgang Ketterer, München (1971); Privatsammlung Schweiz
- Will Groham, "Kirchner-Zeichnungen", Dresden 1925, vgl. Nr. 17
Am 7. Juni 1905 gründet Ernst Ludwig Kirchner zusammen mit Erich Heckel, Karl Schmidt-Rottluff und Fritz Bleyl in Dresden die Künstlervereinigung »Brücke«, die den Expressionismus in Deutschland entscheidend prägt und voranbringt. Beeinflusst vom Symbolismus französischer und skandinavischer Maler, entwickelt Kirchner zunächst einen ganz eigenständigen Stil, bevor er in den frühen Brücke-Jahren seinen unverkennbaren, ausdrucksstarken und innovativen Stil entwickelt, mit dem er viele nachfolgende Künstler bis heute inspiriert. Kirchner brilliert hierbei nicht nur als Aktzeichner, sondern zeigt auch in der Darstellung von Architektur sein Können. Kunst und Natur bilden für ihn bereits in den Dresdner Jahren eine Einheit und so zeugen auch unsere beiden Motive desselben Palais von Kirchners zeichnerischem Talent. Die kolorierte Ausführung »Palais im Großen Garten« sowie die Zeichnung »Ein Boskett in Dresden, mit Blick auf ein Palais« zeigen aus unterschiedlichen Blickwinkeln das von 1678 bis 1683 durch Oberlandbaumeister Johann Georg Starcke errichtete Lustschloss im »Großen Garten«, das für die sommerlichen Vergnügungen des Hofes bestimmt war. Der Sohn August des Starken, Kurprinz Friedrich August von Sachsen, und die österreichische Erzherzogin Maria Josepha heirateten dort im Jahre 1719. Während Kirchners Dresdner Zeit dient das Palais dem Königlich Sächsischen Altertumsverein als Ausstellungsgebäude für vornehmlich sakrale Bildwerke. In beiden Blättern konzentriert sich Kirchner auf die wesentliche Merkmale des Gebäudes, skizziert sie in raschen Zügen, ähnlich wie in seinen berühmten Viertelstundenakten. Durch die geschickte Rhythmisierung der Komposition schafft Kirchner eine interessante Abwechslung für das Auge des Betrachters. Trotz der großen Spontaneität, die seine Malweise suggeriert, verdeutlichen der spannungsvolle und durchdachte Bildaufbau, dass es sich bei diesen Arbeiten um ausgereifte Werke handelt, die keinesfalls Studiencharakter haben.