Hans Hartung, T1966-R12
© VG Bild-Kunst, Bonn

Vinyl auf Leinwand

46 × 33 cm

Rückseitig auf dem Keilrahmen betitelt, "22.11.66" datiert, "Inventaire HH" gestempelt und "4778" nummeriert

Aufgenommen in das in Vorbereitung befindliche Werkverzeichnis der Stiftung Hans Hartung und Anna-Eva Bergman, Antibes und im Archiv der Stiftung unter der Nr. CT 4778-0 registriert

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Expertise

Stiftung Hans Hartung und Anna-Eva Bergman, Antibes

Provenienz

Nachlass des Künstlers; Galerie Sapone, Nizza; Privatsammlung Frankreich

Ausstellungen
  • Galerie Ludorff, Neuerwerbungen Frühjahr 2021, Düsseldorf 2021
  • Galerie Ludorff, "Meisterwerke", Düsseldorf 2020
Literatur
  • Galerie Ludorff, "Neuerwerbungen Frühjahr 2021", Düsseldorf 2021, S. 70
  • Galerie Ludorff, "Meisterwerke", Düsseldorf 2020, S. 70

Hans Hartung gilt als einer der Pioniere der gestischen Malerei in Europa und hat sich in seiner gesamten künstlerischen Laufbahn dieser gewidmet. Er wurde 1904 in Leipzig geboren, starb 1989 in der französischen Kleinstadt Antibes und war einer der bedeutendsten Vorreiter des »Informel«, dem Sammelbegriff für die abstrakten Tendenzen und Strömungen der europäischen Nachkriegsjahre, bei dem es um die Freiheit im Umgang mit Farbe und Form, Dynamik des Gestus und Materialität geht.

Das Gemälde T1966-R12 entstand 1966 in seinem Pariser Atelier. Es knüpft in der Gestaltung an Hartungs charakteristische Schaffenszeit in den 1950er Jahren an, in denen er seine Farbfeldmalereien, die von schwarzen Linien und Strukturen überlagert werden und an Kalligraphie erinnern, perfektionierte. In den 1960er Jahren ist ein Umbruch in seiner Technik zu beobachten, da er eine neue Farbskala von industriellen Vinyl- und Acrylfarben, die auch in weiteren Arbeiten dieser Zeit auftauchen, verwendet. Diese neuartigen Farben trocknen schneller als die vorher verwendeten Ölfarben und sind mühelos zu verarbeiten. Hartung beginnt unmittelbar und gestisch direkt auf die Leinwand zu arbeiten und gelangt zur »unvorbereiteten Improvisation«. Ein Novum, denn bis dahin nutzte der Maler die Technik auf Papier für den direkten, unmittelbaren Ausdruck (»die Improvisation«), um die Motive anschließend in Ölgemälde zu übertragen, zu überarbeiten und zu perfektionieren (»die Perfektion«).A

Hartung trug im Werk T1966-R12 einen Farbverlauf mittels Sprühpistole und Pinsel auf die Leinwand auf: Von einem Braunton, der den Duktus der einzelnen Pinselstriche sichtbar werden lässt, über ein Sonnengelb bis zu einem fast monochromen Kobaltblau, das zum unteren Bildrand heller, geradezu Weiß ausläuft. Darüber legte er eine schwarze, deckende Farbschicht. Auf dieser wandte er die in den 1960er Jahren entwickelte Ritztechnik an: Mit einem Rebmesser kratzt er die noch feuchte, dunkle Farbe ab, sodass in den linearen Abtragungsspuren, die Farbe des Untergrunds durchdringt. Mittels des spontanen Abtraggestus wird die dunkle, monochrome Fläche wieder durch die Linie gegliedert und eine neue Beziehung zwischen Hintergrund und Vordergrund entsteht durch die plastische Struktur auf der Bildfläche. Mittels dieses Verfahrens gelingt es Hartung grafische Lichtenergien auf dem Gemälde freizusetzen, ein Spiel von Licht und Schatten zu erzeugen und durch die leuchtenden Farben eine mediterrane Stimmung zu versprühen. Licht und seine Reflexion spielten für Hartung Zeit seines Lebens eine bedeutende Rolle. So bewahrt die Hartung-Stiftung in Antibes rund 35.000 Fotonegative des Künstlers auf. Darunter sind unter anderem Fotografien von Lichtreflexen und anderen Naturphänomenen, die ihm als visuelle Inspiration für Strukturen seiner Malerei, so vermutlich auch für dieses Werk, dienten.

Cora Faßbender

Kunsthistorikerin, Düsseldorf

A Franz-W. Kaiser: »Hans Hartung, Fait le 29. 7. 1989-Bilder eines Tages«; in: Galerie Fahnemann und Fondation Hans Hartung, Antibes (Hg.), »Hans Hartung, Fait le 29.7.1989-Bilder eines Tages«, 2012, S. 3.

Installation view Galerie Ludorff 2020

Über Hans Hartung

Der deutsch-französische Maler Hans Hartung zählt zu den führenden Vertretern der sogenannten École de Paris, deren informelle Bildsprache für die Malerei der 1940er und 50er Jahre kennzeichnend war.

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