Hermann Max Pechstein, Keitelkähne
© Pechstein Hamburg / Berlin

Öl auf Leinwand

70,5 × 80 cm

Signiert mit dem Monogramm und datiert sowie rückseitig nochmals signiert und datiert und mit einer weiteren Darstellung von Frank mit Kindermädchen Anna Gärtner versehen

Eingetragen im Werkstattbuch des Künstlers als Nr. 4 Keitelkähne, 70 x 80 cm

Werkverzeichnis Soika 2011 Nr. 1920/5 & 1920/5v

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Provenienz

Atelier des Künstlers; Privatsammlung Berlin (wohl Geschenk des Künstlers an seinen ehemaligen Hausarzt, Anfang 1920er- ca. 1980); Privatsammlung Lausanne (-1999); Schuler Auktionen, Zürich (18. Juni 1999, Los 2931); Privatsammlung Süddeutschland (1999-2021); Privatsammlung Deutschland (2021-2023)

Ausstellungen
  • Galerie Ludorff, "Neuerwerbungen Herbst 2023", Düsseldorf 2023
Literatur
  • Galerie Ludorff, "Neuerwerbungen Herbst 2023", Düsseldorf 2023, S. 128
  • Aya Soika, "Max Pechstein, Das Werkverzeichnis der Ölgemälde, 1919-1954, Bd. II", München 2011, Nr. 1920/5 & 1920/5v, Abb. S. 194

Max Pechstein gehört zu den bedeutendsten Vertretern des deutschen Expressionismus. Er war Mitglied in der Künstlergruppe »Brücke« und galt seit 1910 außerdem als treibende Kraft der »Neuen Secession«. In tiefer Bewunderung für André Derain, Henri Matisse und Vincent van Gogh finden sich, vor allem in den frühen Arbeiten des Künstlers, die Einflüsse dieser Künstlerkollegen wieder. Charakteristisch für Pechsteins Kunstwerke sind eine leuchtende, kräftige Farbpalette, die er in spannungsvollen Kontrasten zueinander auf den Malgrund komponierte.

Oftmals fand Pechstein seine Motive draußen, in der freien Natur. Zusammen mit den anderen »Brücke«-Künstlern malte er Akte im Wald oder an den Seen rund um Dresden. Während seiner Aufenthalte auf der Kurischen Nehrung in der Künstlerkolonie Nidden im heutigen Litauen – damals noch Ostpreußen – entstand seine Vorliebe für Meereslandschaften, die Pechstein häufig im Motiv des Bootes und der Fischer zum Ausdruck brachte. Auch in unserem Werk »Keitelkähne« – das Wort Keitel bezeichnet hierbei ein trichterförmiges Schleppnetz – zeigt Pechstein das kleine Fischerdorf Nidden bei seinem fünften Besuch im Jahr 1920. Noch im selben Jahr malte er die Serie »Fischerleben«, von der der Großteil im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde. Diese Serie konzentriert sich auf das Alltagsleben eines Fischers und seines Dorfes und zeigt eine Welt, die der der Keitelkähne ähnelt und in der die Menschen untereinander und mit der Welt im Frieden leben.

Kräftige, komplementäre Rot-, Gelb- und Blautöne definieren die Boote, das sandige Ufer und das Meer auf eindrucksvolle Weise. Die Formensprache aus klar voneinander abgegrenzten, konturierten Farbfeldern enthält Anklänge an japanische Holzschnitttechnik. Die Wertschätzung des ländlichen, ruhigen Lebens, hier exemplarisch gezeigt in der romantischen, vorindustriellen Landschaft Niddens, bringt Pechsteins Wunsch zum Ausdruck, sich von den Schrecken, die er während des Ersten Weltkrieges erlebt hatte, zu entfernen. Vielleicht sogar, sich von der modernen Welt und ihrer fehlenden Harmonie zurückzuziehen.

Eine außergewöhnliche Besonderheit stellt die Tatsache dar, dass sich auf der Rückseite der Leinwand ein weiteres, voll gültiges und durchgemaltes Gemälde des Künstlers befindet. Dargestellt ist Pechsteins ältester Sohn Frank mit seinem Kindermädchen Anna Gärtner. Wachsam hütend positioniert der Künstler Anna in zärtlicher Nähe zu dem damals siebenjährigen Jungen, der mit aufmerksamem Blick aus dem Bildraum herausblickt. Auch hier hat Pechstein das Meer und den Himmel in luminösen, kraftvollen Farben dargestellt. Sein sicherer Pinselstrich und die intensive Farbigkeit verdeutlichen seine Beherrschung des expressionistischen Stils und der Fähigkeit, die unmittelbare Atmosphäre in ihrer überschäumenden Schönheit einzufangen.

Dieses Porträt war ursprünglich ein Geschenk an Pechsteins ehemaligen Hausarzt und Nachbarn. Dessen Witwe erinnerte sich später, dass das Sujet nicht allzu sehr gefiel, sodass Pechstein ihm noch im selben Jahr die prachtvolle Darstellung auf der heutigen Vorderseite auf die umgspannte ehemalige Leinwand-Rückseite malte. Eine Seltenheit, die dieses Werk zu etwas ganz Besonderem macht.

Über Hermann Max Pechstein

Der Expressionist Hermann Max Pechstein war Mitglied der „Brücke“, Mitbegründer der Neuen Secession in Berlin. Typisch für Pechstein sind seine leuchtenden Farben, die er in seinen Gemälden und seinen Arbeiten auf Papier in einem spannenden Kontrast zueinander auf den Malgrund setzt.

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