Lotte Laserstein
Dame auf einem Balkon (Gerd Haglund)
1939
Öl auf Hartfaser
75 × 53 cm
Signiert und datiert
Das Porträt ist eine der ersten Auftragsarbeiten, die die seit Ende 1937 in Stockholm. Im Hintergrund des Bildes sieht man Gustav Adolfs Torg in Malmö. In Norwegen und Schweden ist Gerd ein weiblicher Vorname und bezieht sich auf Gerda, eine Figur aus der nordischen Mythologie.
Werkverzeichnis Krausse 2006 Werke aus Schweden S. 217
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Wir danken Frau Dr. Anna-Carola Krausse, Berlin, für die für die Bestätigung der Echtheit des Werkes
Atelier der Künstlerin; Sammlung Gerd Haglund, Schweden; Privatsammlung Schweden (durch Erbschaft)
- Galerie Ludorff, Neuerwerbungen Herbst 2024, Düsseldorf 2024
- Anna-Carola Krausse, "Lotte Laserstein (1898-1993). Leben und Werk", mit Werkverzeichnis (CD), Berlin 2006, S. 217
Lotte Laserstein träumte schon als Kind davon, Künstlerin zu werden. Später gehörte sie zu den ersten Frauen, die sich für das freie Kunststudium an der Berliner Akademie der Künste einschrieben und wurde Meisterschülerin von Erich Wolfsfeld.
Erfolgreich als freischaffende Künstlerin zu arbeiten war in der Zeit der Weimarer Republik noch absolut unüblich. Dennoch feierte Laserstein mit einer Einzelausstellung in der Galerie Gurlitt 1931 und ihrer Teilnahme an der Großen Berliner Kunstausstellung im Schloss Bellevue erste bedeutende Erfolge. Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde das Leben und Arbeiten aufgrund ihrer jüdischen Abstammung zunehmend schwerer. 1937 bot sich Laserstein die Gelegenheit nach Schweden zu emigrieren. Die Stockholmer Galerie Moderne richtete ihr eine Ausstellung aus und die Künstlerin nutzte die Möglichkeit, ihr bis dahin entstandenes Werk mit ins Exil zu nehmen. Dieser glücklichen Tatsache ist es geschuldet, dass sich viele Werke aus der Berliner Zeit erhalten haben.
In Schweden angekommen, bestritt Laserstein ihren Lebensunterhalt durch das Anfertigen von Porträts und Auftragsarbeiten für die Oberschicht. Zusätzlich fertigt sie Bildnisse von Freunden und Bekannten an. 1939 entsteht das Gemälde »Dame auf einem Balkon«. Die Dargestellte sitzt im Vordergrund, hinter ihr erkennt man eine filigran ausgearbeitete Stadtansicht, flanierende Passanten und eine von großen Bäumen sowie von Wohngebäuden flankierte Straße. Auch wenn der Hintergrund detailliert dargestellt ist, liegt das Hauptaugenmerk auf der weiblichen Figur. Zart lächelnd schaut die Dame uns an. Sie trägt eine hochgeschlossene, aber moderne, rote Bluse mit Puffärmeln und einen schmalen Rock. Die kurzen, dunkelblonden Locken umrahmen ein hübsches Gesicht. Der Hut in ihren Händen ist ein weiteres Zeichen von Modernität.
Lasersteins Porträtarbeiten spiegeln nicht nur die künstlerische Brillanz wider, sondern auch Lasersteins Fähigkeit, Charakteristisches einzufangen und auf das wesentlich zu fokussieren. »Porträt zu malen gehört meines Erachtens zu den schönsten Aufgaben der Kunst, heute aber, in der Zeit des Subjektivismus, auch zu den allerschwersten. Der Gegenstand zwingt zu strengster Sachlichkeit. Das Geistige, die Seele, die die Darstellung erst über das leere Abbild hebt, darf nur zum kleinsten Teil die Seele des Künstlers sein. Hellhörig muss sein Geist den Geist seines Objekts erfassen und darzustellen suchen.«1 Diese Fähigkeit zur präzisen Beobachtungsgabe und ihre künstlerische Virtuosität werden in diesen beiden gelungen Werken aus der frühen Zeit in Schweden deutlich.
Zwischen 1969 und ihrem Todesjahr 1993 war die Künstlerin fast in jedem Jahr mit mindestens einer öffentlichen Präsentation ihrer Werke in ihrer Wahlheimat Kalmar und anderen schwedischen Städten vertreten. In Deutschland hingegen war ihr Schaffen über viele Jahrzehnte in Vergessenheit geraten. Erst in den letzten Jahren begann ihre Wiederentdeckung mit bedeutenden Ausstellungen im Frankfurter Städel Museum (2018) und in der Berlinischen Galerie (2019).
1 Zitat Laserstein, vgl. Anna-Carola Krausse, »Lotte Laserstein - Meine einzige Wirklichkeit«, Berlin 2003, S. 172.