Lotte Laserstein
Frauenporträt
1940er
Pastellkreide, Kreide und Kohle auf Bütten
63 × 48 cm
Signiert
Bei der Dargestellten handelt es sich wahrscheinlich um Margarete (Madeleine) Jaraczewsky, eine Freundin Lotte Lasersteins, die ihr in Schweden Modell saß.
Die Arbeit ist im Lotte-Laserstein-Archiv Krausse, Berlin, registriert und wird aufgrund ihrer Qualität in die das Werkverzeichnis 1910–1937 ergänzende Liste der in Schweden entstandenen repräsentativen Arbeiten aufgenommen
Privatsammlung Skandinavien; Privatsammlung Berlin
- Galerie Ludorff, Neuerwerbungen Herbst 2024, Düsseldorf 2024
Lotte Laserstein träumte schon als Kind davon, Künstlerin zu werden. Später gehörte sie zu den ersten Frauen, die sich für das freie Kunststudium an der Berliner Akademie der Künste einschrieben und wurde Meisterschülerin von Erich Wolfsfeld.
Erfolgreich als freischaffende Künstlerin zu arbeiten war in der Zeit der Weimarer Republik noch absolut unüblich. Dennoch feierte Laserstein mit einer Einzelausstellung in der Galerie Gurlitt 1931 und ihrer Teilnahme an der Großen Berliner Kunstausstellung im Schloss Bellevue erste bedeutende Erfolge. Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde das Leben und Arbeiten aufgrund ihrer jüdischen Abstammung zunehmend schwerer. 1937 bot sich Laserstein die Gelegenheit nach Schweden zu emigrieren. Die Stockholmer Galerie Moderne richtete ihr eine Ausstellung aus und die Künstlerin nutzte die Möglichkeit, ihr bis dahin entstandenes Werk mit ins Exil zu nehmen. Dieser glücklichen Tatsache ist es geschuldet, dass sich viele Werke aus der Berliner Zeit erhalten haben.
In Schweden angekommen, bestritt Laserstein ihren Lebensunterhalt durch das Anfertigen von Porträts und Auftragsarbeiten für die Oberschicht. Zusätzlich fertigt sie Bildnisse von Freunden und Bekannten an. Das Pastell »Frauenporträt«, welches in den 1940ern entstanden ist, zeigt das Bildnis einer Dame. Im Gegensatz zum den häufig detailliert ausgearbeiteten Ölgemälden haben wir es hier mit einer kolorierten Kreidezeichnung zu tun, deren Details wesentlich schneller notiert wurden – die rechte Hand bleibt angedeutet, die vorgenommene Kolorierung geschieht in wenigen, sicher gesetzten Strichen. Dennoch gelingt Laserstein ein ebenso stimmiges und ausdrucksstarkes Bild. Die Dame wirkt lebendig und selbstbewusst. Die Augen sind extrem wach. Das Wesentliche kommt zum Ausdruck.
Lasersteins Porträtarbeiten spiegeln nicht nur die künstlerische Brillanz wider, sondern auch Lasersteins Fähigkeit, Charakteristisches einzufangen und auf das wesentlich zu fokussieren. »Porträt zu malen gehört meines Erachtens zu den schönsten Aufgaben der Kunst, heute aber, in der Zeit des Subjektivismus, auch zu den allerschwersten. Der Gegenstand zwingt zu strengster Sachlichkeit. Das Geistige, die Seele, die die Darstellung erst über das leere Abbild hebt, darf nur zum kleinsten Teil die Seele des Künstlers sein. Hellhörig muss sein Geist den Geist seines Objekts erfassen und darzustellen suchen.«1 Diese Fähigkeit zur präzisen Beobachtungsgabe und ihre künstlerische Virtuosität werden in diesen beiden gelungen Werken aus der frühen Zeit in Schweden deutlich.
Zwischen 1969 und ihrem Todesjahr 1993 war die Künstlerin fast in jedem Jahr mit mindestens einer öffentlichen Präsentation ihrer Werke in ihrer Wahlheimat Kalmar und anderen schwedischen Städten vertreten. In Deutschland hingegen war ihr Schaffen über viele Jahrzehnte in Vergessenheit geraten. Erst in den letzten Jahren begann ihre Wiederentdeckung mit bedeutenden Ausstellungen im Frankfurter Städel Museum (2018) und in der Berlinischen Galerie (2019).
1 Zitat Laserstein, vgl. Anna-Carola Krausse, »Lotte Laserstein - Meine einzige Wirklichkeit«, Berlin 2003, S. 172.