Max Ernst
Ohne Titel (Paysage)
1955
Öl und Décalcomanie auf Holz
13,8 × 8,6 cm
Signiert sowie rückseitig "PARIS MAX ERNST" und "B. Hodes" beschriftet
Aufgenommen in den in Vorbereitung befindlichen Nachtragsband zum Werkverzeichnis von Werner Spies, Sigrid Metken und Jürgen Pech
Dr. Jürgen Pech, Februar 2024
Atelier des Künstlers; Barnet Hodes, Chicago; Christie's, New York (12. Nov. 1984, Los 55); Privatsammlung Park Avenue/New York (1984-2024)
- Galerie Ludorff, Neuerwerbungen Herbst 2024, Düsseldorf 2024
Max Ernst beschäftigte sich kontinuierlich mit verschiedenen künstlerischen Techniken. Mit einer bemerkenswerten Offenheit experimentierte er immer wieder mit alltäglichen Objekten als Ausgangspunkt, die ihn zu innovativen Verfahren und Methoden inspirierten. Eine seiner bedeutendsten Erfindungen ist die Décalcomanie. Bei dieser Technik wird Ölfarbe mit einem Blatt Papier oder mittels einer Glasscheibe auf dem Malgrund festgedrückt und anschließend abgehoben. Das Ergebnis sind zufällige Farbverästelungen und Bläschen, die faszinierende Muster und Strukturen erzeugen und den Künstler zu neuen Formen inspirieren.
Diesen besonderen Effekt dieses Zufallsverfahrens können wir eindrucksvoll in unserem Werk »Ohne Titel (Paysage)« wahrnehmen. Ernst bedeckte die Fläche mit einer Vielzahl von fein verzweigten Farbmustern, die der Darstellung der Landschaft eine magische Wirkung verleihen. Tiefblaue Verästelungen durchdringen die gelb- bis bräunlich-orange changierenden Töne und formen sich zu herbstlich leuchtenden Bäumen. Am Himmel vollzieht sich ein mysteriöser Verdunkelungsprozess, der sowohl eine Sonnen- als auch eine Mondfinsternis darstellen könnte und eine temporäre nächtliche Dunkelheit heraufbeschwört. Solche außergewöhnlichen Himmelserscheinungen finden wir in den Arbeiten von Max Ernst häufiger. Die Erscheinungen werden meist als Ankündigung von Umbrüchen interpretiert. Für die surrealistische Bewegung symbolisiert die Sonnenfinsternis den Versuch, durch Traumaufzeichnungen, automatisches Schreiben und hypnotischen Zustände, Zugang zum Unbewussten und zu einer erweiterten, losgelösten Wahrnehmung zu finden. Diese Methoden zielten darauf ab, das bewusste Denken auszuschalten und den unkontrollierten Gedankenfluss auszudrücken. Die Nacht war für die Surrealisten die Phase der Träume, der inneren Klarheit und Inspiration.