Renée Sintenis
"Schön" machender Hund (Philipp)
1927
Bronze
13 cm
Signiert mit dem Monogramm am rechten Hinterlauf sowie mit dem Gießerstempel "Noack Berlin" am linken Hinterlauf versehen
Auflage lt. Werkverzeichnis Auflagenhöhe von 21
Philipp war der erste Hund der Künstlerin
Werkverzeichnis Buhlmann 1987 Nr. 96
Privatsammlung Niedersachsen
- Galerie Ludorff, "Neuerwerbungen Frühjahr 2024", Düsseldorf 2024
- Galerie Ludorff, "Neuerwerbungen Frühjahr 2024", Düsseldorf 2024, S. 106
- Ursel Berger/Günter Ladwig (Hg.), "Renée Sintenis – Das plastische Werk", Berlin 2013, Nr. 88
- Britta E. Buhlmann, "Renée Sintenis – Werkmonographie der Skulpturen", Darmstadt 1987, Nr. 96
Emanzipiert, erfolgreich, wirtschaftlich unabhängig, gebildet, modisch androgyn gekleidet mit Kurzhaarfrisur und Fahrerin ihres eigenen Autos – die Künstlerin Renée Sintenis verkörpert im Berlin der 1920er- und 30er-Jahre das Sinnbild der modernen Frau. Sie pflegt Kontakte zu Ernst Barlach, Rainer Maria Rilke und begegnet Albert Einstein. Georg Kolbe, Emil Nolde und Max Liebermann steht sie Modell, zugleich porträtiert sie ihrerseits Größen wie Joachim Ringelnatz, der ihr langjähriger Freund werden soll. Von 1908 bis 1912 studiert sie an der Berliner Kunstgewerbeschule und bricht mit ihrer Familie, um ihren künstlerischen Weg weiterverfolgen zu können. 1915 stellt sie in der Berliner Secession aus, wird bald von der renommierten Galerie Flechtheim vertreten und 1931 als zweite Frau überhaupt in die Preußische Akademie der Künste berufen.
Sintenis schafft anspruchsvolle Zeichnungen und Druckgrafiken, vor allem widmet sie sich aber der Bildhauerei. In dieser damals vornehmlich männlich dominierten Gattung brilliert sie durch ihr völlig eigenständiges, charakteristisches Werk, das sie – obwohl sie kaum Auftragsarbeiten annimmt – zu einer der bestbezahlten Künstlerinnen Berlins avancieren lässt. Sie wählt lediglich Motive, die sie innerlich bewegen, erschafft Statuetten von Sportlern, zahlreiche Selbstporträts und mythologische Figuren. Als ihr künstlerisches Lebensthema gelten jedoch ihre prägnanten, kleinformatigen Tierdarstellungen. In diesen zarten Plastiken, die zumeist Jungtiere darstellen, fängt sie das jeweils Typische in Bewegung und Haltung der Tiere ein. Das starke Bewegungselement der Figuren kann hierbei gleichgesetzt werden mit der unverdorbenen Lebensfreude, dem unbedarften Übermut und Temperament des jeweiligen Motivs. Geprägt sind diese Arbeiten außerdem durch eine fast impressionistische Lockerung und Unebenheit in der Oberfläche. Neben den zahlreichen Fohlenplastiken der Pferdeliebhaberin zählt wohl vor allem der Berliner Bär zu den bekanntesten Arbeiten der Künstlerin, der bis heute als Preis auf der Biennale vergeben wird.
Auch in unserer kleinformatigen Tierplastik gelingt es Sintenis, durch diese lebendige und unebene Art der Oberflächengestaltung zum einen und das struppige und borstige Fell zum anderen, die kompakte Muskulatur von Brust und Schulterpartie des ihr so liebgewonnenen Hundes charakteristisch einzufangen. Dargestellt ist Philipp, der Foxterrier der Künstlerin. Auf den Hinterbeinen stehend, die zierlichen Pfötchen in der Luft, die Schnauze erwartungsvoll erhoben, blickt Philipp bittend, wenn nicht gar fordernd, zum Betrachter auf. Sowohl fotografisch als auch malerisch wurde er mehrmals gemeinsam mit seiner Besitzerin porträtiert. So findet sich beispielsweise im Düsseldorfer Museum Kunstpalast ein inniges Gemälde der Beiden, welches von Emil Rudolf Weiß, dem Ehemann der Künstlerin, nur zwei Jahre nach unserer kleinen Bronzeplastik geschaffen wurde.
Die in der Tierwelt einzigartige Bindung zwischen Hund und Mensch, die unschuldige Verspieltheit und das Vertrauen, welches dieser Begleiter seinem Menschen entgegenbringt, all dies versteht die Künstlerin in dieser kleinformatigen Plastik präzise spürbar zu machen.