Masterpieces of the Month:
Juliana Gocke and Theresa Kohlleppel about their personal Highlights
"Gerade in seinen kleinformatigen Bildern, die direkt vor Ort gemalt werden, gelingt Ury eine eindrückliche Schilderung des Gesehenen, das in seiner kompositorischen und atmosphärischen Dichte den Großformaten ebenbürtig ist und ein besonders charakteristisches Stimmungsbild vom Leben im Berlin der 1920er Jahre vermittelt."
Ulrich Erbens Werke sind stark geprägt von Bildelementen, die einem übergreifenden, kompositionellen Ganzen untergeordnet sind.
Auch unser Gemälde von 1970 zeigt eine strenge Anordnung von sechs weißen, identisch großen Rechtecken, die seriell in gleichem Abstand übereinander angeordnet sind und sich durch die klare Geradlinigkeit ihrer Umrisse vom divergierenden Weiß des sie umgebenden Raumes abgrenzen. Bei genauem Betrachten sind die Weißtöne der Rechtecke nicht identisch, sondern sind in jeweils leicht changierenden Weißtönen gemalt. Erben baut seine Gemälde wie ein alter Meister stets mit vielen hauchdünnen Farbschichten auf, die dann die für seine Werke so typische Leichtigkeit und Farbabstufungen von feinster Nuancierung erzeugen. Auf diese Weise wirkt das eine Rechteck minimal gelber, während das nächste wärmer und ein anderes wiederum kühler daherkommt. Erben erzeugt eine sehr spannende Wechselwirkung zwischen den vor dem Hintergrund schwebenden Rechtecken und erinnert den Betrachter daran, das Bild sehr aufmerksam anzuschauen und jedem Objekt mindestens auch einen sehr genauen zweiten Blick zu schenken.
Nicht weniger als in seinen Blumen- und Landschaftsbildern zeigt sich auch in den sehr intimen Porträts Emil Noldes seine herausragende Fähigkeit in dem Umgang mit Farbe. Dargestellt ist hier eine blonde Frau im Dreiviertelprofil. Verträumt schaut sie über ihre rechte Schulter aus dem Rahmen heraus und hinterlässt die sie Betrachtenden mit der Frage, wo sie gerade mit ihren Gedanken verweilen mag...
Die Linie wird für Hans Hartung von Beginn an in allen Variationen – ob als Balken, Knäul oder Gitter – richtungsweisend. Trotz aller vermeintlichen Spontanität seiner gestischen Linie, steuert und kontrolliert Hartung seine Komposition, indem er vorher zahlreiche Vorzeichnungen anfertigt. Nur die erstklassigste Vorzeichnung wird anschließend auf die Leinwand übersetzt. Dabei soll der Eindruck eines spontanen Farbauftrags der gestischen Linie gewährleistet sein, gleichzeitig aber auch das Streben nach Perfektion zum Vorschein kommen.
"In der vorliegenden, sehr typischen Zeichnung »Ein sitzender und ein stehender Akt« zeigt Otto Mueller zwei sich in freier Natur zugewandte Frauen. Nur vage deuten die lockeren Kreidelinien und der spontane Strich im Hintergrund eine landschaftliche Umgebung an, in der sich Maler und Modelle am Ufer eines Gewässers niedergelassen haben. Eine konkrete Verortung der Figuren ist nicht möglich. Mueller lässt gekonnt ganze Partien frei. Zwar dominiert die dunkle Kontur von Figur und Grund, doch zeigt sich bei diesem Blatt wie virtuos Mueller sich mit dunklen Konturen auf das Wesentliche konzentriert, ganze Flächen freilässt und hier dem Betrachter Raum zur geistigen Vervollständigung lässt. Er lenkt den Blick des Betrachters auf das Wesentliche – die besonnene Stille und die tiefe Empfindung der Harmonie zwischen Mensch und Natur."
"Alexey von Jawlensky hat den menschlichen Kopf als solchen in eine Sprache des abstrakten Lebens transponiert, hat ihn aus seinem Erdendasein herausgehoben, um die Seele und den Geist zu manifestieren. Die neuen Gesetze, die er dabei gefunden hat, sind mathematische. Er hat die Gesetze der anderen Künste in seine Bilder hineingenommen: die Architektur in den Gleichgewichten der Farben, die Musik in dem klanglichen Rhythmus der Farben, den Tanz als Linie der Farben, die Skulptur als Form der Farben, die Poesie als Inhalt oder als Wort der Verkündigung der Farben, die Malerei aber als symphonische Zusammenfassung."
"Hermann Hesse betrachtet die auf dem vorliegenden Aquarell gebannte Tessiner Landschaft um den Ort Muzzano Cortivallo von einem erhöhten Standpunkt aus. Anhand intensiver Aquarellfarben erzählt der Dichter und Maler von den im Zentrum der Darstellung befindlichen Häusern und der umgebenden sommerlichen Vegetation. Seine Darstellung reicht jedoch über eine reine Schilderung des Gesehenen hinaus. So transportieren seine Aquarelle immer auch die Emotionen des Künstlers beim Betrachten der vor ihm liegenden Realität und die Gedankenwelt, die sich vom Gesehenen angesprochen fühlt.
»Er ist ein Dichter, der malt, und ein Maler, der dichtet. Sein Umgang mit Farben ist nicht weniger poetisch als der mit Worten. Wie Märchen zeigen sie das Unwirkliche wirklich und das Wirkliche unwirklich.«"
"Imi Knoebel zeichnet sich durch seine abstrakt-minimalistische Formensprache aus. Beeinflusst durch das Schaffen unter anderem von Piet Mondrian bedient er sich in seinen Werken akribisch aufeinander abgestimmten Farbtönen, welche meist losgelöst von gängigen Farbprinzipien für sich selbst stehen."