Bernd & Hilla Becher
Wassertürme
1972-83
4 Silbergelatineabzüge
Vierteilig, je 40 × 30 cm
Rückseitig jeweils von beiden Künstlern signiert und Exemplare 2 bis 4 je beschriftet "2C", "3C", bzw. "4C"
André Simoens Gallery, Knokke; Privatsammlung Belgien
- Galerie Ludorff, "Kunst im Rheinland", Düsseldorf 2023, S. 97
- Galerie Ludorff, "Neuerwerbungen Herbst 2022", Düsseldorf 2022, S. 26-27
In der Kunst des 20. Jahrhunderts gibt es nur wenige Künstler, die ihr künstlerisches Konzept so nachhaltig verfolgt haben wie Hilla und Bernd Becher. Das Künstlerpaar hat mit seiner systematisch dokumentierenden Fotografie in den vergangenen 50 Jahren Kunstgeschichte geschrieben und Fotografen mehrerer Generationen nachhaltig beeinflusst. Seit den frühen 1960er Jahren entstehen sogenannte Typologien1, Serien von verschiedenen Fachwerkhäusern und Bauwerken industrietechnischer Gattungen, wie etwa Fördertürmen, Hochöfen, Kohlebunkern, Fabrikhallen, Gasometern oder Getreidesilos, welche sie zunächst vornehmlich in Deutschland und den Beneluxländern, später in der ganzen Welt fotografieren. Sämtliche Fotografien werden mit einer Großformatkamera nach einem gleichbleibenden, strengen Prinzip aufgenommen. Das Ergebnis wird oft in Gruppen von vier oder neun schwarz-weißen Silbergelatineabzügen gleichen Formats gezeigt. Die Aufnahme selbst erfolgt meist aus leicht erhöhter Position in frontaler Perspektive.2 Die Wahl des Ausschnitts ist dabei ebenso gleichbleibend wie die bewölkte Wettersituation, die ein gleichmäßiges Ausleuchten der Gebäude ohne Licht und Schatten ermöglicht.
Unsere Arbeit besteht aus insgesamt vier gleich großen SchwarzWeiß-Abzügen von Wassertürmen aus Deutschland und Frankreich, die in den Jahren 1972 bis 1983 aufgenommen wurden. In einer Arbeitsnotiz von 1971 erklärt Hilla Becher den Grundgedanken ihrer Arbeitsweise: »Bei solchen relativ ausführlichen Vergleichsreihen lassen sich Konstruktionsmuster und ihre Abwandlung sowie Grundformen bedingt durch gemeinsame Funktionsprinzipien und Abweichungen nachweisen.«3 Alle vier Blätter sind frühe, sogenannte Vintageprints, die von den Bechers persönlich und zeitnah zur Werkentstehung abgezogen worden sind.
1 Eine Typologie meint im eigentlichen Sinne des Begriffs die »wissenschaftliche Beschreibung und Einteilung eines Gegenstandsbereiches nach Gruppen von einheitlichen Merkmalskomplexen.«, Siehe Brockhaus Enzyklopädie, Bd. 22, Mannheim 1993, S. 528.
2 Die Bauwerke werden nicht ebenerdig fotografiert, sondern es werden Leitern oder Kräne benutzt, die einen erhöhten Aufnahmestandpunkt ermöglichen.
3 Vgl. Susanne Lange: »Was wir tun ist letztendlich Geschichten erzählen. Bernd und Hilla Becher. Eine Einführung in Leben und Werk«, München 2005, S. 51.