Emil Nolde
Meer mit Dampfer
ca. 1945/48
Aquarell und Tusche auf Japanpapier
23,8 × 21,3 cm
Signiert
Prof. Dr. Manfred Reuther, ehemaliger Direktor der Stiftung Seebüll Ada und Emil Nolde
Privatsammlung Berlin
- Galerie Ludorff, "Nach der Natur", Düsseldorf 2017
- Stadtmuseum Lindau, "Emil Nolde. Der ungezähmte Strom der Farbe", Lindau 2015
- Galerie Ludorff, "Meisterwerke des Expressionismus", Düsseldorf 2011/2012
- Galerie Ludorff, "Nach der Natur", Düsseldorf 2017, S. 35
- Stadtmuseum Lindau (Hg.), "Nolde. Der ungezähmte Strom der Farbe – Aquarelle, Ölgemälde und Grafik von Emil Nolde", Ausst.-Kat., Lindau 2015, S. 49
Trotz der harten und stürmischen Zeit und der Krankheit seiner geliebten Ehefrau Ada, gelingt es Emil Nolde nach der ,Inneren Emigration‘ während des Zweiten Weltkrieges an sein malerisches Werk anzuknüpfen: „Ich hatte bereits im ersten Sommer danach recht glücklich gemalt und konnte noch malen! Man wusste es selbst kaum mehr, ob es noch möglich sei. […] Im folgenden Sommer ging es noch besser: Es war mir wie aufgespeicherte, innigste Empfindungen, die sich zu lösen vermochten […] Die Farben flossen, in Akkorden sich gebend.“1)
Angetrieben von seinen Dampfrädern bahnt sich das Schiff den Weg durch die violett leuchtende See in den am Horizont liegenden flammenden gelben Himmel hinein. Das Aquarell fängt in seinen konträren Farben einen sich zu Ende neigenden Tag ein. Mit dunkeln Tuschestrichen deutet Nolde den Dampfer, die Rauchschwaden, die aus den Schornsteinen emporsteigen und die Fahrtwellen an. Das Schiff scheint sich in einem schwebenden Zustand zu befinden, welcher häufig in Noldes Bildern zu finden ist. Greifbar nahe scheint das Schiff zu sein, gleichzeitig aber durch die Transparenz der Aquarellfarben entrückt. Typisch für den norddeutschen Maler sind auch hier die farbenprächtigen Wetterspiele, die grenzenlose Weite des Himmels und die sich empor türmenden Wolkenformationen, die den Betrachter in seinen Bann ziehen. Nolde besinnt sich an eine frühere Fahrt auf einem kleinen Dampfer: „Dieser Tag ist mir so stark in Erinnerung geblieben, dass jahrelang nachher ich danach meine Meerbilder malte. Falls ein Sturzsee mich über Bord gespült und ich im Element zwischen Leben und Tod hätte kämpfen müssen – ob ich dann wohl das Meer noch mächtiger würde malen können?“2)
Zeit seines Lebens folgt Nolde der Natur und das Meer nimmt in seinem OEuvre einen wichtigen Platz ein. Schon 1901 malt er in Kopenhagen seine ersten in Grau gehaltenen Meeresimpressionen, die er im fast jährlichen Rhythmus und auch auf seiner bedeutenen Südseereise 1913/14 immer wieder abbildet. Die Bildelemente Meer, Himmel und Licht stehen bei Nolde für die Vorstellung von Freiheit, Weite und ein Gefühl für Unendlichkeit.
Anm.:
1) Emil Nolde, „Mein Leben“, Köln 2008, S. 435f.
2) Martin Urban, „Emil Nolde – Landschaften. Aquarelle und Zeichnungen“, Köln 1980, S. 32.