Emil Nolde
Nordfriesisches Gehöft
ca. 1935/1940
Aquarell auf Japanpapier
22,8 × 27,3 cm
Signiert
Prof. Dr. Manfred Reuther, ehemaliger Direktor der Stiftung Seebüll Ada und Emil Nolde, 2015
Parke-Bernet Galleries, New York; Marlborough Gallery, London (1967); Privatsammlung Hamburg (-2015); Galerie Ludorff, Düsseldorf (2015-2016); Unternehmenssammlung Bayern (2016-2023)
- Galerie Ludorff, "Neuerwerbungen Herbst 2023", Düsseldorf 2023
- Galerie Ludorff, "Neuerwerbungen Herbst 2023", Düsseldorf 2023, S. 124
Im Œuvre Emil Noldes stellen die flachen, weiten Marschlandschaften ein stetig wiederkehrendes Motiv von zentraler Bedeutung dar. Nolde wurde im heute dänischen Ort Nolde als Emil Hansen geboren. Nach seiner Ausbildung zum Maler und dem Leben in Berlin kehrte er zurück in den Norden Deutschlands, seine Heimat. In Seebüll entstanden fortan bis zu seinem Tod 1956 seine schönsten Landschaftsdarstellungen, die seine lebenslange Faszination von der norddeutschen Landschaft und den mannigfaltigen Wetterphänomenen dort zum Ausdruck bringen. Unser Blatt »Nordfriesisches Gehöft« malte Nolde in den Dämmerstunden. Nahe dem Meer fing der Künstler die Stimmung des nordischen Landstriches ein.
Eingebettet in die weite Graslandschaft liegt am Horizont das Gehöft. Der Tageshimmel wird zurückgedrängt und macht der kommenden Abendröte Platz. Changierende Himmelsformationen bilden sich hinter dem flachen Gebäude. Wie nach einem Sommergewitter reißt der Himmel in der Mitte des Bildes auf. Die Wolken schieben sich zur Seite und das Licht der hinter den Wolken versteckten Sonne taucht den gesamten Landstrich in ein magisches Glühen. Grün und saftig erstrahlen die durch den Regen getränkten Weiden. Nolde malte sein Bild in der Nass-in-Nass-Technik, welche eine spontane und unmittelbare Übersetzung des Gesehenen erlaubt. Die Farbe kann sich fließend auf der Fläche ausbreiten. Die ausgewogene Komposition und die Reduzierung auf die drei Primärfarben unterstreichen die intensive Stimmung des Bildes.
Tief bewegt von diesen Eindrücken der unterschiedlichen Tages- und Jahreszeiten entstanden Aquarelle von äußerst starker Intensität und entfesselter Farbgewalt. Dazu trug auch Noldes technische Perfektion in der Aquarellmalerei bei. Der Künstler erinnerte sich selbst: »Von der intimen, aber etwas kleinlich tüftelnden Art meiner frühesten Aquarelle arbeitete ich in unendlichem Mühen mich durch zu der freieren, breiteren und flüssigen Darstellung, die ein besonderes, gründliches Verstehen und Eingehen auf Struktur und Art der Papiere und die Möglichkeiten der Farben erfordert, aber vor allem wohl durch die Fähigkeit der sinnlichen Einstellung des Auges.« (1)
1 Emil Nolde Stiftung (Hg.), »Emil Nolde. Mein Leben«, Köln 2008, S. 366f.