Ernst Wilhelm Nay
Dominant Gelb
1959
Öl auf Leinwand
162,5 × 130 cm
Signiert und "59" datiert sowie rückseitig nochmals signiert und auf dem Keilrahmen "NAY-Dominant Gelb"-1959" bezeichnet
Werkverzeichnis Scheibler 1990 Nr. 915
Galerie Der Spiegel, Köln (1959); Sammlung Klaus Frowein, Wuppertal (1967); Privatsammlung Nordrhein-Westfalen
- Galerie Ludorff, "Meisterwerke", Düsseldorf 2020
- Von der Heydt-Museum, "Die 50er Jahre. Aspekte und Tendenzen", Wuppertal 1977
- Städtische Kunsthalle und Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen, "Kunst des 20. Jahrhunderts aus rheinisch-westfälischem Privatbesitz", Düsseldorf 1967
- Von der Heydt-Museum, "Kunst der Gegenwart in Wuppertaler Privatbesitz", Wuppertal 1965
- Galerie Der Spiegel, "E. W. Nay. Bilder, Aquarelle, Zeichnungen", Köln 1959
- Galerie Ludorff, "Meisterwerke", Düsseldorf 2020, S. 38
- Archiv für Bildende Kunst am Germanischen Nationalmuseum Nürnberg (Hg.), "E. W. Nay 1902-1968: Bilder und Dokumente", München 1980, Abb. VII, S. 12
- Christian Rathke/Werner Höfer, "Die 50er Jahre. Aspekte und Tendenzen", Ausst.-Kat., Von der Heydt-Museum, Wuppertal 1977, o. S.
- FAZ, 12.10.1977, Frankfurt am Main 1977, m. Abb.
- Städtische Kunsthalle und Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen, "Kunst des 20. Jahrhunderts aus rheinisch-westfälischem Privatbesitz", Ausst.-Kat., Düsseldorf 1967, Abb. 80
- Von der Heydt-Museum, "Kunst der Gegenwart in Wuppertaler Privatbesitz", Ausst.-Kat., Wuppertal 1965, o. S.
Von 1955 an ist die Scheibe das bestimmende Bildelement in den Gemälden E.W. Nays. Formal konzentriert auf die Scheibenform wird die räumliche Wirkung der Farbe in den Werken der folgenden Jahre immer mehr zu einem bestimmenden Inhalt der Bilder, den der Künstler fortwährend in neuen Variationen auslotet. Bereits 1946 hatte Nay sich über seinen spezifischen Umgang mit Farbe geäußert: »Die Farben sollen zu Farbkreisen zusammengefasst werden, einer Reihe von gelben Tönen, zitronengelb, kadmiumgelb, ocker, orange wird eine Anzahl von zusammengefassten grünen oder anderen Tönen gegenübergestellt. Es werden sich Passagen ergeben, das Gelbe wird das Grüne durchdringen und umgekehrt, wodurch Farbspannungen entstehen und die Bildfläche dynamisch aktiviert wird (...). Dann das Relief, das dem Bild – nicht durch die Struktur, sondern durch die farbige Ordnung – Tiefe und Bildraum gibt und die Möglichkeit, dem Bildraum das scheinbar Dreidimensionale hinzuzufügen, Tiefenangabe durch Höhenangabe zu bekämpfen.«A Obschon der Künstler bereits seit den frühen Nachkriegsjahren an dem besonderen ›Farbgerüst‹ seiner Werke arbeitete, sollte es bis zur Mitte der fünfziger Jahre dauern, bis mit der Form der Scheibe ein autonomes und zugleich selbstreferentielles Bildelement gefunden war, das ausschließlich der künstlerischen Auseinandersetzung von Farbe und ihrer Wirkung diente.
Vergleichbar mit der Entwicklung der »Fugalen Bilder« (1949 – 54/55), deren Bildelemente anfänglich klarer strukturiert sind, ist auch die Form der Scheibe in den Bildern der mittleren fünfziger Jahre in ihrer Gestalt deutlicher begrenzt. Ende der fünfziger Jahre löst Nay die Ränder der Scheiben immer stärker auf. Zudem wird der Malduktus freier, der Farbauftrag skizzenhafter. Oftmals wird die Farbe pastos auf die Leinwand aufgetragen und mit lasierenden Partien kontrastiert. Nay spielt in den Bildern der späten fünfziger und frühen sechziger Jahre seine über dreißigjährige Erfahrung im Umgang mit der Farbe bravourös aus: Die Werke bestechen durch ein Höchstmaß an malerischer Virtuosität, die sich in der enormen Vielfältigkeit des Farbauftrags und der Farbbehandlung ausdrückt. Unbestreitbar musste Nay mit diesen Bildern zu dem deutschen Vertreter abstrakter Malerei avancieren.
Im Gemälde Dominant Gelb von 1959 herrscht ein insgesamt kühlerer Farbklang vor: Durch Weißbeimischungen ist die braune, blaue und gelbe Farbe der Scheiben sowie deren freierer Abwandlungen in ein kälteres Farbspektrum überführt. Zugleich ist der Kontrast heller und dunkler Farbflächen im Bild bestimmend. Weiterhin erhöht der Wechsel zwischen einem pastos-opaken Farbauftrag und lasierend gemalter Bildelemente die formale Varianz und Spannung des Gemäldes. Die rhythmisch anmutende Verzahnung der Scheiben, zu der der Farb- und Helligkeitskontrast wesentlich beiträgt, führt zu der reliefartigen Raumstruktur des Gemäldes, die Nay bereits 1946 als ein wesentliches Ziel seiner Werke betonte. Im Unterschied jedoch zu den Bildern der vierziger Jahre, in denen die menschliche Figur vielfach noch ein zentraler Gegenstand der Werke ist, besticht Dominant Gelb durch das künstlerische Abstreifen aller außerbildlichen Referenzen, wodurch das Gemälde im internationalen Vergleich unmittelbar auf der Höhe der Zeit rangiert.
Guido Reuter
Professor für Mittlere und Neuere Kunstgeschichte, Kunstakademie Düsseldorf
A E.W. Nay zitiert nach: E. W. Nay, »Bilder und Dokumente«, Ausst.-Kat., München 1980, S. 99.