Ernst Wilhelm Nay
Ohne Titel (Postkarte)
1953
Gouache auf Velin
10,6 × 17,7 cm
Signiert und "53" datiert sowie rückseitig adressiert an "Prof. Dr. Alfred Hentzen", "23. XII. 56" datiert und mit der Widmung "Merry Christmas and A Happy New Year Ihr Ernst Wilhelm Nay Elisabeth Nay" versehen
Registriert für den Nachtrag des Werkverzeichnisses der Gouachen, Aquarelle und Zeichnungen und dokumentiert im Online-Werkverzeichnis unter der Nr. CR 53-028.2
Atelier des Künstlers; Sammlung Prof. Dr. Alfred Hentzen (1956 Geschenk vom Künstler); Privatsammlung Süddeutschland (1984 Geschenk vom Vorgenannten); Privatsammlung Süddeutschland (-2022)
- Galerie Ludorff, "Kunst im Rheinland", Düsseldorf 2023, S. 36
- Galerie Ludorff, "Neuerwerbungen Herbst 2022", Düsseldorf 2022, S. 122
Ernst Wilhelm Nay ist ein Maler der Farbe. Sie ist in seinen Werken Element der Gestaltung und regiert das Bild. Der Künstler selbst spricht von »Gestaltfarbe«: Sie ist flach, eben, plan, nicht illustrativ oder literarisch, denn erst in der Fläche wird sie unabhängig von ihrer gegenständlichen Bedeutung. So wird sie frei für ihre ursprünglich-sinnliche Wirkung.1 Nay hat schon zu Lebzeiten sein Werk in Gruppen geordnet und die ihnen zugrunde liegenden Prinzipien publiziert. 1955 erschien sein kunsthistorisches Manifest »Vom Gestaltwert der Farbe«.
Unsere Gouache lässt sich den Rhythmischen Bildern zuordnen, die in den Jahren 1952/53 entstehen. Die Rot-, Grün-, Gelb- und Brauntöne scheinen über die Papieroberfläche zu tanzen. Die gesamte Komposition wird von einem Wechsel von hellen und dunklen Zonen rhythmisiert.
Eine weitere Besonderheit ist auf der Rückseite zu entdecken: Der Tradition der Expressionisten folgend nutzte Nay unser Werk als Weihnachts- und Neujahrgruß und sendete es 1956 als Postkarte an Alfred Hentzen und dessen Frau Anne. Hentzen und Nay lernten sich bereits 1934 kennen. 1950 fand in Hannover in der Kestner-Gesellschaft unter der Leitung von Alfred Hentzen Nays erste Retrospektive statt, später war er Direktor der Hamburger Kunsthalle.
Nays Arbeiten auf Papier sind eigenständige Schöpfungen und können als »Tagebücher« seiner künstlerischen Ideen verstanden werden. Sie sind essentiell für das Verständnis von Nays Arbeitsweise und dokumentieren, zusammen mit den Gemälden, die Entwicklung und den Anspruch des Künstlers.2 Unser Werk gibt zudem Aufschluss über das Leben und die Bekanntschaften des Künstlers und ist somit in mehrfacher Hinsicht von Bedeutung.
1 Vgl. Nays Ausführungen in seiner Publikation »Vom Gestaltwert der Farbe« aus dem Jahr 1955.
2 Vgl. hierzu den Online-Katalog der Ernst-Wilhelm Nay Stiftung (https://nay.aps-info.de/).