Gotthard Graubner

Wie kaum ein anderer deutscher Künstler hat sich Gotthard Graubner in seinen ungegenständlichen Bildern mit der Wirkung von Farbe auf unterschiedlichsten Bildträgern auseinandergesetzt. Durch das Experimentieren mit Farbe, Material und Raum entstehen seine von ihm so betitelten »Farbraumkörper«, für die der Künstler weithin bekannt ist.

Unser Werk trägt zwar keinen Titel, besticht aber durch seine unscheinbare Anziehungskraft. Die Farben ergeben im Zusammenspiel mit dem Duktus und der Struktur des Blattes eine Lebendigkeit. Um diese Wirkung zu erzielen, nutzt der Künstler Japanpapier. Da es handgeschöpft ist, also keine Leimung besitzt, hat es die Fähigkeit Flüssigkeiten sehr gut aufzunehmen. Das Werk besteht aus mehreren dünnen Papierschichten, die übereinandergelegt wurden. Die Oberfläche des dünnen Papiers wirkt sehr fein und glatt. Es entsteht eine Spannung, die an ein stark aufgespanntes Tuch aus Stoff erinnert. Diese Spannung wird auch durch die leichte Kurve des Blattes nach rechts in der unteren Bildhälfte erzeugt. Jener Eindruck physischer Spannung lässt sich auch auf das Empfinden des Betrachters übertragen.

Durch die feinen Strukturen der Farbe entsteht unvermeidlich eine innere Bewegung im Motiv, welche sich direkt auf den Betrachter auswirkt, im Sinne von einer inneren Aufgewühltheit. Interessanterweise steht diese in ambivalenter Haltung zu der Harmonie und Wärme der rötlich-braunen Farben. Da die Farben mit den seitlichen Rändern des Bildträgers enden, ergibt sich kein wirklicher Abschluss, wodurch sich das Motiv und damit auch das Gefühl im Betrachter förmlich auszubreiten und zu wachsen scheinen.