Hermann Hesse

Engadiner Winterlandschaft
1930

Hermann Hesse, Engadiner Winterlandschaft

Aquarell und Tusche auf Papier

Darstellung: 5,9 × 7,8 cm
Blatt: 19 × 14 cm

Signiert, "16.II.30" datiert und gewidmet "Schönen Dank und Gruss sendet Ihnen H Hesse" sowie rückseitig "Chantarella St. Moritz" gestempelt

8.500,00 €

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Provenienz

Privatsammlung Schweiz (Geschenk des Künstlers, 1930-); Privatsammlung Bern (-2012); Galerie Ludorff, Düsseldorf (2012-2013); Privatsammlung Europa (2013-2024)

Der Schriftsteller und Maler Hermann Hesse wird am 2. Juli 1877 in Calw im Nord-Schwarzwald geboren. Nach Abschluss der Schule absolviert er eine Buchhändlerlehre in Esslingen. Ab 1895 übt er diesen Beruf in Tübingen und ab 1899 in Basel aus. In seiner Freizeit beginnt der junge Hesse zu schreiben und veröffentlicht den Roman „Peter Camenzind“, der die Aufmerksamkeit des Verlegers Samuel Fischer auf sich zieht und ihm in der literarischen Welt zum Durchbruch verhilft. Von diesem Zeitpunkt an kann Hesse von seiner Tätigkeit als freier Schriftsteller leben. Er heiratet die Photographin Maria Bernoulli und bekommt drei Söhne mit ihr. Bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges 1914 meldet sich Hesse als Freiwilliger bei der deutschen Botschaft, wird jedoch für untauglich befunden und der deutschen Kriegsgefangenenfürsorge in Bern zugewiesen. Im Rahmen dieser Tätigkeit ist Hesse fortan damit beschäftigt, für Kriegsgefangene Bücher zu sammeln und zu verschicken. Zudem ist er Mitherausgeber der „Deutschen Interniertenzeitung“ (1916/17), Herausgeber des „Sonntagsboten für die deutschen Kriegsgefangenen“ (1916–1919) und zuständig für die „Bücherei für deutsche Kriegsge-fangene“. Am 3.11.1914 veröffentlicht er einen Aufsatz in der „Neuen Zürcher Zeitung“, in dem er an die deutschen Intellektuellen appelliert, nicht in nationalistische Polemik zu verfallen. Was darauf folgt, bezeichnet Hesse später als eine große Wende in seinem Leben: Erstmals findet er sich inmitten einer heftigen politischen Auseinandersetzung wieder. Die deutsche Presse attackiert ihn, Hassbriefe gehen bei ihm ein und alte Freunde sagen sich von ihm los. Er bezieht in Montagnola vier kleine Räume in der „Casa Camuzzi“, die in Hanglage oberhalb des Luganer Sees liegt. Von hier aus eröffnet sich dem Schriftsteller der weitläufige Blick über die Wald- und Gebirgslandschaft des Tessins. Hier kann sich Hesse wieder seiner schriftstellerischen Tätigkeit widmen und beginnt auf Anraten seines Arztes seine Träume und Gedanken in Bildern zu verarbeiten und festzu-halten.1) Anfangs experimentiert Hesse noch mit den verschiedenen künstlerischen Techniken wie Pastell, Kreide und Öl – schnell entscheidet er sich dann aber für die Tech-nik des Aquarellierens, welche ihm für die Umsetzung seiner Bildideen am geeignetsten erscheint. Während seine frühen in Bern entstandenen Arbeiten noch etwas unbeholfen die verschiedenen Genres wie Stillleben und Portrait abhandeln, ist der Künstler nach einer Phase, in welcher er Einflüsse aus dem Kubismus verarbeitet, heute besonders für seine charakteristischen, farbenfrohen Landschaftsdarstellungen bekannt. Mit seinem Umzug in die Südschweiz im Jahr 1919 gelingt Hesse der Durchbruch zu einem eigenen und unverwechselbaren Stil – hier erfährt sein Werk eine "Wandlung (…) von naturalisti-scher Zaghaftigkeit zu expressionistischer Farbintensität." 2) In seinen Blättern weicht die Detailverliebtheit nun der Vorliebe für die Komprimierung der Form auf das Wesent-liche, und leuchtende Grundfarben ersetzen die blassen Mischfarben der Anfangsjahre. Als Hauptmotiv dient ihm jetzt vor allem die Landschaft, die Hesse auf seinen vielen Wanderungen erkundet. Diese hält er zunächst in Bleistiftzeichnungen fest, um sie hernach mit sorgsam abgestuften Aquarellfarben zu kolorieren. Viele Werke entstehen direkt in der Natur.

Viele seiner handschriftlichen Gedichtblätter und Briefe schmücken aquarellierte Darstel-lungen, die Gesehenes und Erlebtes bildhaft veranschaulichen. So auch unser Werk „Winterlandschaft“ aus dem Jahr 1930. Hesse verbringt im Winter dieses Jahres einige Wochen in St. Moritz und nächtigt dort im Hotel Chantarella. In jenen Tagen trifft er dort u.a. auch Thomas Mann in dem Schweizer Bergort – wovon ein eindrucksvolles Foto zeugt, welches die beiden Schriftsteller vor ebenjenem Hotel ablichtet. Seine Korrespon-denz wickelt Hesse auf dem hauseigenen Briefpapier ab – einem Brief vom 16. Februar 1930 an Frau Ida Neftel legt er eine besonders gelungene Darstellung bei – unsere „Winterlandschaft“. Das kleine, auf dem blau getönten Briefpapier des Hotels entstan-dene Aquarell zeigt die herrliche Winterwelt des Engadins. In den schneebedeckten Bergen stehen ganz einsam ein kleines Holzhaus und eine einzelne Tanne. Die Illustration fängt die Ruhe und die Abgeschiedenheit ein, die die winterliche Landschaft ausstrahlt. Das Aquarell ziert zudem einen handschriftlichen Gruß an Ida Neftel, der Empfängerin des Briefes, "Schönen Dank und Gruss sendet Ihnen H. Hesse.“ und ist damit ein wunderbares Zeugnis seines künstlerischen Schaffens.

Anm.:

1) Schon mitten im Ersten Weltkrieg fertigt Hesse Handschriften mit aquarellierten Vignetten an, die er zugunsten der Kriegsgefangenfürsorge an Sammler und Bücher-freunde verkauft.

2) Volker Michels: Farbe ist Leben – Hermann Hesse als Maler“, in: Galerie Ludorff (Hg.),„Hermann Hesse. 1877-1962. Aquarelle aus dem Tessin“, Ausst.-Kat., Düsseldorf, 2004, S. 4.

Über Hermann Hesse

Der Schriftsteller Hermann Hesse war auch als bildender Künstler tätig und schuf ein umfangreiches Werk an Aquarellen und Gedichtillustrationen.

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