Puppe
1922

Bleistift auf Papier
55 × 39,3 cm
Signiert und "22" datiert sowie rückseitig betitelt und "41" nummeriert
Dieses Werk ist im Archiv der Otto Dix Stiftung, Vaduz, registriert als Nr. EDV9.2.18
Prof. Rainer Pfefferkorn, Otto Dix Stiftung, Vaduz
Sammlung Luchino Visconti, Rom (bis 1976); durch Erbschaft an den Vorbesitzer
- Galerie Ludorff, "Drawn World: Zeichnungen von Menzel bis Warhol", Düsseldorf 2019
- Galerie Ludorff, "40 Jahre 40 Meisterwerke", Düsseldorf 2015
- Galerie Ludorff, "Drawn World. Zeichnungen von Menzel bis Warhol", Düsseldorf 2019, S. 61
Mit zarten Bleistiftlinien skizziert Otto Dix in Puppe eine Frau im Dreiviertelportrait. Ihre langen, schimmernden Haare sind mit einem Band zu einem Knoten hochgebunden und erinnern damit an eine antike griechische Frisur. Nur einige kurze Härchen kräuseln sich vorwitzig in ihrem Nacken. Das ovale Gesicht wird von dem Pony und weiteren lockigen Strähnen eingefasst. Die großen Augen unter den wohlgebogenen Augenbrauen werden mit kräftigen, umrahmenden Linien betont.
In den Pupillen spiegelt sich das Licht und verleiht den Augen einen besonderen Glanz. Der gerade Nasenrücken führt weiter zu einem sinnlich geschwungenen Mund mit feinen Grübchen. Ihr linkes Ohrläppchen wird von einem Ohrring mit einem kleinen Anhänger geziert, so wie ihr Hals von einer Perlenkette geschmückt wird. Die Frau trägt ein fein gemustertes Kleidchen, dessen dünne Träger auf ihren sonst nur mit einem luftigen Tuch verhüllten Schultern ruhen und dessen Ausschnitt den Blick auf ihr Dekolleté freigibt, in dem verführerisch über ihrem Busen ein wenig Spitze hervorlugt.
Das elegante Aussehen der Puppe aus dem Jahre 1922 rückt das Werk in die Nähe der Nachtclub-Bilder Otto Dix’, dessen bekanntestes wohl An die Schönheit (Von der Heydt-Museum, Wuppertal) aus dem selben Jahr ist. Der Künstler, der von 1921 bis 1925 in Düsseldorf lebte und sich im Umkreis von Johanna Ey und dem „Jungen Rheinland“ aufhielt, galt als leidenschaftlicher Tänzer und Liebhaber der amerikanischen JazzMusik. Seine Abende verbrachte er in der Entstehungszeit unserer Zeichnung häufig in Tanzlokalen. Oft tanzte er mit Martha Koch, seiner zukünftigen Frau, die er ein Jahr zuvor in Düsseldorf kennengelernt hatte und die er liebevoll Mutzli nannte. Im Gegensatz zu seinen vorherigen Werken ist seiner Beziehung zu ihr vermutlich auch die schwungvollere und lebensfrohe Linienführung zu verdanken, die auch dieses Werk kennzeichnet.1
Marliesa Komanns, Kunsthistorisches Institut der Universität Düsseldorf
1 Peter Barth, „Otto Dix und die Düsseldorfer Künstlerszene 1920–1925“, Düsseldorf 1983, S. 32–35.