Renée Sintenis
Kleine Daphne
ca. 1917/1918
Bronze
28,9 cm
Signiert mit dem Monogramm und mit dem Gießerstempel "H. NOACK" versehen
Sintenis modellierte 1930 eine große Fassung der Figur (Buhlmann Nr. 68).
Werkverzeichnis Buhlmann 1987 Nr. 63
Privatsammlung Hessen
- Galerie Ludorff, Neuerwerbungen Herbst 2024, Düsseldorf 2024
- Ursel Berger/Günter Ladwig (Hg.), "Renée Sintenis – Das plastische Werk", Berlin 2013, Nr. 030
- Britta E. Buhlmann, "Renée Sintenis – Werkmonographie der Skulpturen", Darmstadt 1987, Nr. 63
- Georg-Kolbe-Museum et.al., "Renée Sintenis – Plastiken, Zeichnungen, Druckgraphik", Ausst.-Kat., Berlin 1983/84, Nr. 16 (anderes Exemplar)
- Hildegard Westhoff-Krummacher, "Die Bildwerke seit 1800 im Wallraf-Richartz-Museum und im öffentlichen Besitz der Stadt Köln", Köln 1965, Nr. 243 (anderes Exemplar)
- Senator für Volksbildung/Haus am Waldsee, "Renée Sintenis – Das plastische Werk, Zeichnungen, Graphik", Ausst.-Kat., Berlin 1958, Nr. 13 (anderes Exemplar)
- Hanna Kiel, "Renée Sintenis", Berlin 1956, S. 16 (anderes Exemplar)
- Hanna Kiel, "Renée Sintenis", Berlin 1935, S. 18 (anderes Exemplar)
- Wolfgang Stechow, "Apollo und Daphne", Leipzig/Berlin 1932, Abb. 63 (anderes Exemplar)
- Paul Cassirer/Théodore Fischer, "Die Sammlung H./Berlin. Gemälde alter und moderner Meister. Moderne Plastik", Ausst.-Kat., Luzern 1931, Nr. 71 (anderes Exemplar)
- René Crevel/Georg Biermann, "Renée Sintenis", Berlin 1930 (= Junge Kunst, Bd. 57), S. 22 (anderes Exemplar)
- Gustav Eugen Diehl, "Renée Sintenis", Berlin o.J. (1927), Nr. 42 (anderes Exemplar)
- Galerie Alfred Flechtheim, "Marie Laurencin/Renée Sintenis", Ausst.-Kat., Berlin 1925, Nr. 37 (anderes Exemplar)
Emanzipiert, erfolgreich, wirtschaftlich unabhängig, gebildet, modisch androgyn gekleidet mit Kurzhaarfrisur und Fahrerin ihres eigenen Autos – die Künstlerin Renée Sintenis verkörpert im Berlin der 1920er- und 30er-Jahre das Sinnbild der modernen Frau. Sie pflegt Kontakte zu Ernst Barlach, Rainer Maria Rilke und begegnet Albert Einstein. Georg Kolbe, Emil Nolde und Max Liebermann steht sie Modell, zugleich porträtiert sie ihrerseits Größen wie Joachim Ringelnatz, der ihr langjähriger Freund werden soll. Von 1908 bis 1912 studiert sie an der Berliner Kunstgewerbeschule und bricht mit ihrer Familie, um ihren künstlerischen Weg weiterverfolgen zu können. 1915 stellt sie in der Berliner Secession aus, wird bald von der renommierten Galerie Flechtheim vertreten und 1931 als zweite Frau überhaupt in die Preußische Akademie der Künste berufen.
Sintenis schafft anspruchsvolle Zeichnungen und Druckgrafiken, vor allem widmet sie sich aber der Bildhauerei. In dieser damals vornehmlich männlich dominierten Gattung brilliert sie durch ihr völlig eigenständiges, charakteristisches Werk, das sie – obwohl sie kaum Auftragsarbeiten annimmt – zu einer der bestbezahlten Künstlerinnen Berlins avancieren lässt. Sie wählt lediglich Motive, die sie innerlich bewegen, erschafft Statuetten von Sportlern, zahlreiche Selbstporträts und mythologische Figuren. Als ihr künstlerisches Lebensthema gelten jedoch ihre prägnanten, kleinformatigen Tierdarstellungen. In diesen zarten Plastiken, die zumeist Jungtiere darstellen, fängt sie das jeweils Typische in Bewegung und Haltung der Tiere ein.
Das starke Bewegungselement der Figuren kann hierbei gleichgesetzt werden mit der unverdorbenen Lebensfreude, dem unbedarften Übermut und Temperament des jeweiligen Motivs. Geprägt sind diese Arbeiten außerdem durch eine fast impressionistische Lockerung und Unebenheit in der Oberfläche. Neben den zahlreichen Fohlenplastiken der Pferdeliebhaberin zählt wohl vor allem der Berliner Bär zu den bekanntesten Arbeiten der Künstlerin, der bis heute als Preis auf der Biennale vergeben wird.
Inspiriert von der griechischen Mythologie schuf die Künstlerin hingegen die »Kleine Daphne«. Sie zeigt die schöne Bergnymphe im Moment der Metamorphose. Der Liebesgott Eros hatte einen bleiernen Liebespfeil auf sie geschossen – und einen goldenen auf den Gott Apollon, woraufhin dieser in unsterblicher Liebe zu Daphne entbrannte. Verzaubert von der Pfeilspitze aus Blei blieb Daphne jedoch unempfänglich für diese Hingabe und floh vor ihrem liebestollen Verehrer. Als sie vor Erschöpfung keinen anderen Ausweg mehr sah, bat sie schließlich ihren Vater Peneios, ihre Apollon so reizende Gestalt zu verwandeln. Der Flussgott kam ihrem Wunsch nach und in dem Moment, als Apollon das nächste Mal versuchte, sie zu umarmen, erstarrte Daphne und wandelte sich in einen Lorbeerbaum. Sintenis‘ skulpturale Interpretation dieser Geschichte besticht durch die anmutige Darstellung von Bewegung und Emotion. Im Moment der Transformation drückt die nun wurzelnde Nymphe sowohl Zartheit als auch Stärke aus.