Serge Poliakoff
Composition lie-de-vin, jaune et noire
1961
Farblithografie auf BFK Rives Papier
Darstellung: 45,5 × 60,5 cm | 18 × 23 3/4 in
Blatt: 56,5 × 75,5 cm | 22 × 29 2/3 in
Signiert und "22/50" nummeriert sowie rückseitig "134 [51549 M]" und "1259" nummeriert und "Composition rouge III" bezeichnet
Auflage 50; Drucker: Pons, Paris; Herausgeber: XXe siècle, Paris
Werkverzeichnis Poliakoff/Schneider 1998 Nr. 33
Privatsammlung Rheinland
- Alexis Poliakoff/Gérard Schneider, "Serge Poliakoff – Werkverzeichnis der Graphik", München 1998, Nr. 33
Serge Poliakoff findet über die Farbtheorien des Orphismus und die Gestaltungsprinzipien des niederländischen De Stijl zur abstrakten Malerei. In den fünfziger Jahren entwickelt er eine sehr eigenständige und markante Farbflächenmalerei, die sich in einer patchworkartigen, von den Rändern zur Mitte hin verdichtenden Bildstruktur und in Farbflächen von großer Intensität äußert. Zunächst geben graphische Liniennetze seinen Bildern kompositorischen Halt. Doch bald entsteht unter seinen Händen eine Bildordnung aus freien, asymmetrischen Farbformen, die häufig ein gleichgewichtiges Systemausbilden. Den gedanklichen Ausgangspunkt seiner Bilder beschreibt der Künstler wie folgt: »Wenn ich mit einer Komposition beginne, denke ich an die Architektur. Genau wie ein Architekt fülle ich hier und da Räume. [...] An Formen denke ich nicht.«1 Die Farbe, anfangs noch tonig gedämpft, entfaltet im Laufe der Jahre einen immer stärkeren, bisweilen festlichen Glanz, der häufig in effektvollem Kontrast zu sehr dunklen Bildfeldern steht. Poliakoffs Überlegungen kreisen in den frühen sechziger Jahren zunehmend um die Kraft der Farbe. Um die Kraft der einzelnen Farben immer präziser verstehen zu lernen, variiert Poliakoff diese in Serien leicht abgeänderter Farbfeldkompositionen. Hierbei stellt er Spannungen zwischen verschiedenen Farben und Formen her, um die wechselseitige Wirkung der einzelnen Farben aufeinander zu studieren. So stellt Poliakoff in der vorliegenden »Composition abstraite« von 1963 die Farben Rot, Blau und Gelb gegenüber und gelangt zu einer sehr kontraststarken und klar gegliederten Fläche. Trotz der Intensität einzelner Felder befindet sich die Darstellung in einem harmonischen Gleichgewicht. Die Komposition ist deutlich auf die sich verkleinernde Bildmitte hin ausgerichtet. Hier liegt das Zentrum, auf das alle Farbformen bezogen sind. Ihre Kanten wirken, als seien sie mit der Schere geschnitten worden. Obwohl der zwischen zwei Farben verlaufende Grat sehr scharf ist, verläuft er selten streng linear. Häufig verzahnen sich zwei Formen ineinander, was die Spannung der Felder untereinander noch zusätzlich steigert. Ähnlich wie in seinen Gemälden verwendet Poliakoff auch in seinen Gouachen mehrere Farbschichten übereinander. Häufig liegt bei genauem Betrachten unter der Oberfläche eine zweite Farbe des gleichen Tones, die den Ausdruck einer einzelnen Fläche und den Gesamtausdruck eines Werkes nachhaltig bestimmt. Das Ziel des Künstlers besteht aber nicht darin, den Betrachter am Entstehungsprozess teilhaben zu lassen. Vielmehr stellt die vorliegende Gouache ein meisterhaftes Beispiel dar, wie Poliakoff die Wirkung seiner Blätter suchend zu modellieren vermag, um schlussendlich auch in relativ kleinen Bildformaten zu einer Aussage von monumentaler Wirkung zu gelangen.
1 Gespräch mit Jacques Michel, in: »Le Monde», 1. September 1967, zit.
Nach Gérard Durozoi, »Serge Poliakoff», Angers 2001, S. 91.