Winfred Gaul
Tag und Nacht II
1966
Öl auf Leinwand
Leinwandmaß: 91 × 91 cm | 35 3/4 × 35 3/4 in
Wandmaß: 128,5 × 128,5 cm | 50 2/3 × 50 2/3 in
Rückseitig signiert, "66" datiert, betitelt und "128,5 x 128,5 cm" beschriftet
Wir danken Frau Barbara Gaul für die mündliche Bestätigung der Echtheit des Werkes
Galerie Toni Brechbühl, Grenchen; Privatsammlung Schweiz; Galerie Ludorff, Düsseldorf (2014-2018); Privatsammlung Nordrhein-Westfalen (2018-)
- Galerie Ludorff, Neuerwerbungen Herbst 2024, Düsseldorf 2024
- Galerie Ludorff, "Winfred Gaul zum 90.", Düsseldorf 2018
- Galerie Ludorff, "Cutting Edge: Albers. Gaul. Knoebel", Düsseldorf 2018
- Galerie Ludorff, "Formen der Abstraktion", Düsseldorf 2015
- Galerie Ludorff, "Winfred Gaul zum 90.", Düsseldorf 2018, S. 35
- Galerie Ludorff, "Cutting Edge. Albers. Gaul. Knoebel", Düsseldorf 2017, S. 31
Nach seiner Bildhauerausbildung studiert Winfred Gaul von 1950 bis 1955 bei Willi Baumeister – wo allein für »Gegenstandslose« Platz war – in Stuttgart Malerei. Beeinflusst von der Nachkriegsabstraktion bedient er sich zunächst einer informellen Bildsprache. Es entstehen Gemälde in erdigen Tönen mit expressivem Pinselstrich. Zu Beginn der 1960er werden Gauls Arbeiten zunehmend minimalistischer und seine gedämpfte Palette weicht intensiven Farben. Stetig auf der Suche nach dem Superlativ des Malerischen widmet er sich der analytischen Kunst, die sich auf das Elementare der Malerei – Fläche und Farbe – konzentriert. Gaul experimentiert mit unterschiedlichsten Materialien, Farben und Formen.
Losgelöst von epochalen Vorreitern der Kunstgeschichte arbeitet er völlig frei an neuen Werken, die sich durch ein klares, geometrisches Bildvokabular, präzise Linienführung und starke Farbigkeit auszeichnen. Wie ein Synonym für das Konkrete beschreibt die akkurate Linienführung dabei seine Bilder. Durch die Überwindung des Abstrakten und seine Hinwendung zum Konkreten, wie sie in seiner Serie der »Verkehrszeichen« zelebriert wird, be
freit er sich von klassischen Parametern wie Perspektive, kompositorische Unterteilung in Vorder- und Hintergrund und Dimensionalität.
Seine Gemälde entziehen sich gerne den traditionellen Formaten und Betrachtungsweisen. Seine Malerei folgt der zeitgenössischen amerikanischen Tendenz zum Shaped Canvas.
Die Arbeit »Tag und Nacht II« aus dem Jahr 1966 beschreibt eine quadratische Fläche, die wie eine Raute auf ihrer Spitze ausgerichtet ist. Ein leuchtendes Rot-Orange, grünlich schimmernde Bronzefarbe und ein Grau-Violett wechseln sich wie übereinander gelegte, rhomben-förmige Farbflächen ab, ohne dabei eine räumliche Dimension zu evozieren. Der untere Teil des Gemäldes wird vom Rot-Orange dominiert, im oberen Bereich balanciert eine kleine, violette Farbfläche das Bild harmonisch aus. Auf den ersten Blick entsteht der Eindruck, dass sich die Farben im Bild wiederholen. Je länger man schaut, desto ungewisser wird diese Beobachtung. Ist das kleinere rote Feld nicht vielleicht doch heller?
Gaul spielt mit unserer Wahrnehmung und zeigt, dass nicht alles so ist, wie es zuerst erscheint. Ein genauer Blick lohnt sich. Die komplementäre und kontrastierende Farbgebung des Werkes unterstreicht die Separierung der einzelnen Flächen. Diese verlangen in ihrer Art des Betrachtens weder Perspektive noch eine konkrete Positionierung im Raum. Gaul lässt zudem die Form des Quadrates bzw. des Rhombus wiederholt in seinen Werken in Erscheinung treten und präsentiert nicht nur deren physischen Charakter. Auch inhaltlich treten sie als Sujet im Bild auf. Das auf die Spitze gestellte Quadrat verwendet Gaul mit Vorliebe. So finden seine Werke eine Analogie im Schilderwald der Großstadtstraßen, wo er seine Gemälde auch teils präsentiert hat.
Gaul greift ein alltägliches Massenprodukt, die »Verkehrszeichen«, auf und definiert es neu. Ein Ansatz, der aus der Pop Art bekannt ist, von Gaul jedoch ganz eigenständig interpretiert wird. Diese Strategie ist typisch für Gaul, der historische und aktuelle Kunstströmungen aufnimmt, Eindrücke auf seinen vielen Reisen und Auslandsaufenthalten sammelt und diese dann in seine eigene Interpretation des Gesehenen transferiert und neu formuliert.