Franz Gertsch
Bagatelle III - Gräser (Detail)
nach 2003

Farbholzschnitt auf Kumohadamashi Japanpapier von Heizaburo Iwano
Darstellung: 38,8 × 31,5 cm
Blatt: 43 × 35 cm
Signiert und "e a" bezeichnet
Privatsammlung Bern
- Galerie Ludorff, "KUNST MACHT GLÜCKLICH - Online only", Düsseldorf 2020
- Galerie Ludorff, "Neuerwerbungen Herbst 2019", Düsseldorf 2019
- Galerie Ludorff, "KUNST MACHT GLÜCKLICH", Düsseldorf 2020, Nr. 24
- Galerie Ludorff, "Neuerwerbungen Herbst 2019", Düsseldorf 2019, S. 43
Franz Gertschs Schaffen ist davon geprägt sich mit altmeisterlicher Manier gegen die Tendenzen seiner Zeit zu positionieren. Die Betrachtung und den malerischen Transfer von Realität als Ausschnitt von Momenten gehörten seit jeher zu Gertschs Prinzipien. Spätestens 1972 gelingt ihm auf der documenta 5 der internationale Durchbruch mit seinen fotorealistischen Monumentalmalereien von Alltagsszenerien. Während er sich in den 1990er Jahren von diesem Thema wieder entfernt und dafür förmlich in die Natur eintaucht, behält er seine Handschrift der übersteigerten Realitätsnähe bei und beginnt ab 1986 mit dem klassischen Medium des Holzschnitts zu arbeiten. In Form von Serien entstehen zahlreiche Variationen von Landschaftsdarstellungen. Grashalme, bewegte Wasseroberflächen, Flussläufe oder Einblicke in scheinbar unberührte Wälder zählen zu seinen bevorzugten Bildvorlagen. Seine Bilder imitieren die Illusion einer Naturähnlichkeit, doch von ihrem Kontext befreit und durch die Übertragung auf die Druckplatte entfernen sich die Motive immer mehr von ihrer fotografischen Vorlage. Die monochromen Farben tragen ebenso zur Verfremdung bei. Die schlichte Nachahmung wird insofern verweigert, als dass vielmehr immer die Balance zwischen Abstraktion und Realismus gesucht wird.
Hinter unserem Blatt »Gräser« verbirgt sich ein Ausschnitt aus der größeren Arbeit »Bagatelle III – Gräser« von 2003 im Verhältnis 1:1. Angeschnittene Grashalme geben sich zu erkennen, die einander überdecken. Durch die monochrome Farbgebung gibt es keinerlei räumliche Perspektive. Der reduzierte Ausschnitt, sowie mangelnde Hinweise auf jegliche Größen- oder Tiefenverhältnisse, lassen es unmöglich erscheinen, das räumliche Ausmaß der betrachtenden Fläche zu begreifen. Trotz ihrer Fremde, fühlt man sich in die Bilder hineinversetzt. In ihrer Relation zum eigenen Körper suchen die Werke eben diese Verbindung von Kunst und Leben. Gertsch dazu: »Ich hab immer das gemacht, was um mich herum war: Lebenssituationen, Begegnungen, Umgebungen, die mich umzingelt haben – es ist einfach so passiert.«1
- Franz Gertsch in einem Interview anlässlich seines 80. Geburtstages, in: Res Strehle, Das ist fast ein Selbstbildnis, was ich hier mache«, Tagesanzeiger, 16.4.2010.