Gerhard Richter

Ohne Titel (23.1.89)
1989

Gerhard Richter, Ohne Titel (23.1.89)
© Gerhard Richter

Öl auf Fotografie

10,5 × 15 cm

Signiert und "23.1.89" datiert

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Provenienz

Sammlung Liliane & Michel Durand-Dessert, Paris; Privatsammlung Frankreich; Cornette de Saint-Cyr, Paris (2002); Privatsammlung Niederlande

Ausstellungen
  • Galerie Ludorff, "Nach der Natur", Düsseldorf 2017
Literatur
  • Galerie Ludorff, "Nach der Natur", Düsseldorf 2017, S. 64

Nach seinem Weggang aus Dresden im Jahr 1961 lebt Gerhard Richter in Düsseldorf, wo er an der Kunstakademie studiert und später als Professor eine Malklasse leitet. Im Jahr 1983 zieht er zusammen mit seiner zweiten Frau – der Künstlerin Isa Genzken – nach Köln, wo ihm sein damaliger Kölner Galerist Rudolf Zwirner ein großes Studio in einer alten Fabrik vermittelt hatte. Als Richter mit dem Übermalen von Fotografien beginnt, hat seine Karriere bereits einen ersten Höhepunkt erreicht. 1986 richtet ihm die Kunsthalle Düsseldorf eine große Retrospektive aus, die anschließend in Berlin, Bern und Wien gezeigt wird. Die Kritik ist begeistert von der Schau und auch auf dem Kunstmarkt kann Richter bereits guten Erfolg verbuchen.

Das vorliegende übermalte Foto ist nur wenige Jahre nach dieser Ausstellung entstanden und zählt zu der ersten Werkgruppe übermalter Fotografien überhaupt. Die Fotografie ist zum Großteil mit Farbe bedeckt, sodass es ein Rätsel bleibt, was alles auf dem Foto selbst zu sehen war. In der oberen rechten Ecke erhascht man jedoch noch einen Blick auf einen Strommast vor einem wolkenbehangenen Himmel. Die letzte Sonnenstunde färbt dort den Himmel in einen pastellfarbenen Orangeton, während schon wenige Zentimeter weiter links das Dunkel grauer Wolken dominiert. Die dramatische Farbwelt des Sonnenuntergangs übernimmt Richter für seine nachträglich durchgeführte Übermalung, die sich in Richtung der unteren linken Ecke hin ausbreitet. Die verwendeten Ölfarben, in diesem Fall Grau, Braun, Schwarz, Weiß sowie ein zartes Orange, werden mithilfe eines Rakels aufgetragen, an dem noch die Farbreste haften und unmittelbar zuvor für das Malen von Leinwänden benutzt wurden. Vermutlich wählte Richter ein Fotomotiv, das mit den vorhandenen Farben harmonierte. Trotz dieser Einflusnahme bleibt das Ergebnis – bis zu einem gewissen Grad – dem Zufall überlassen.

Auch im vorliegenden Werk tritt die Darstellung der Fotografie in eine spannungsreiche Auseinandersetzung mit der zufällig auf das Bild treffenden Farbe. Richter erklärt jenes Spannungsfeld zwischen Malerei und Fotografie wie folgt: »Die Fotografie hat fast keine Realität, ist fast nur Bild. Und die Malerei hat immer Realität, die Farbe kann man anfassen, sie hat Präsenz; sie ergibt aber immer ein Bild – egal, wie gut oder schlecht. Theorie, die nichts bringt. Ich habe kleine Fotos gemacht, die ich mit Farbe beschmierte. Da ist etwas von dieser Problematik zusammengekommen, und das ist ganz gut, besser als das, was ich darüber sagen konnte.«1

Das Aufeinandertreffen der drei Gegensätze Figuration vs. Abstraktion, reliefartige Malerei vs. Fläche der Fotografie sowie Illusion der Fotografie vs. Realität der Farb­masse erzeugt im Zusammenspiel mit dem Zufall besonders reizvolle Ergebnisse großer Spannung und Energie. Die Bedeutung der Werkgruppe ist weitaus größer als das relativ kleine Format zunächst anzudeuten vermag.

1 Gerhard Richter in einem Interview mit Jonas Storsve 1991, zit. nach Dietmar Elger und Hans-Ulrich Obrist, »Gerhard Richter. Text 1961 bis 2007. Schriften, Interviews, Briefe«, Köln 2008, S. 278.

Über Gerhard Richter

Gerhard Richter setzt sich bereits gegen Ende der 1960er Jahre intensiv mit der abstrakten Malerei auseinander, erstellt zunächst jedoch nur auf Fotografien basierende Portraits und Stillleben, die durch ihre spezifischen Bildausschnitte und Unschärfen realitätsverfremdend wirken.

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