Gotthard Graubner
Ohne Titel
1970
Aquarell auf Papier
31 × 22 cm
Signiert und "70" datiert
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Wir danken Frau Kitty Kemr für die freundliche Bestätigung der Echtheit des Werkes
Privatsammlung Gerd Käfer, München (bis 2016); Privatsammlung Nordrhein-Westfalen
- Galerie Ludorff, "The Simple Things. Minimalism and more...", Düsseldorf 2024
Es passiert leicht, sich in den Bildern Gotthard Graubners zu verlieren. Instinktiv versucht man sie zu lesen, zu erspüren, zu entdecken und taucht dabei Schicht um Schicht tiefer in die schier zarten Weiten seiner Farbwelten ein. Diese scheinen weder Anfang noch Ende zu besitzen, sind in einem steten »Wandlungsprozess von Werden und Wachsen begriffen«.1 Die Leuchtkraft, die den Arbeiten dabei innewohnt, wird bis ins kleinste Detail wahrgenommen und durchdringt nicht nur den Raum um uns, sondern auch uns selbst.
Eine besondere und gleichsam wandelbare Bedeutung hat für den Künstler in diesem Kontext das Licht. Seine Bilder »bauen sich auf im Wachsen des Lichts, verlöschen mit dem Licht; Anfang und Ende sind austauschbar. Sie bezeichnen keinen Zustand, sie sind Übergang«.2 Wie kaum ein anderer deutscher Künstler hat sich Graubner in seinen ungegenständlichen Bildern mit der Wirkung von Farbe auf unterschiedlichen Bildträgern auseinandergesetzt. Seine Arbeiten basieren allerdings auf keinem systematisch ausgearbeiteten, farbtheoretischen Konzept, sondern bauen auf ein im Laufe seiner Schaffenszeit praktisch malerisch durchgeprobtes Spannungsgefüge. Gemäß der »Erfahrbarkeit der Farbe durch ihre Differenzierung«3 operieren die Arbeiten dabei mit gegensätzlichen Erfahrungswerten wie warm/kalt, nah/fern oder offen/geschlossen. Besonders deutlich werden diese Erfahrungswerte sowie sein Umgang mit Licht und Farbe an dem uns vorliegenden Aquarell. Fast organisch wirkt die kompakte, rostrote Struktur, deren durchscheinenden Ränder nebelartig wabernde Bewegung assoziieren lassen. Die stets nur leichten Modifikationen von intensiver Farbkraft und Tiefe hin zu bewegter Nähe und lichterer Farbigkeit lösen das Gebilde aus seiner Fixiertheit heraus und lassen es erfahrbar werden. Bis zu seinem Tod im Jahr 2013 arbeitete der Künstler über Farbe und Form als grundlegendes Problem der Malerei. Seine intimen und besonders ausdrucksstarke Papierarbeiten prägen sein künstlerisches Schaffen dabei bis in die 1970er Jahre und greifen in ihrer Anmutung und in ihrer formalen Anlage seinen späteren Farbraumkörpern oft vor.
Inzwischen zählt Gotthard Graubner zu den herausragendsten Vertretern der gegenstandslosen Malerei des 20. Jahrhunderts. Wichtige Stationen seiner Karriere sind zahlreiche Teilnahmen an der documenta in Kassel, die Einrichtung des Deutschen Pavillons auf der Biennale di Venezia (1982) sowie als Auftragsarbeiten entstandenen Bilder für den Amtssitz des Bundespräsidenten im Schloss Bellevue in Berlin.
1 Zit. nach »Gotthard Graubner. Mit den Bildern atmen«, Ausst.-Kat. Arp Museum Bahnhof Rolandseck, Köln 2019, S.19.
2 Zit. nach » Gotthard Graubner«, Hamburger Kunsthalle, Hamburg 1975, S. 74.
3 Zit. nach Gotthard Graubner, in: »Gotthard Graubner. Farbräume – Farbraumkörper – Arbeiten auf Papier«, Ausst.-Kat. Kunsthalle Düsseldorf, Düsseldorf 1977, S. 34.