Hans Purrmann
Großer Kastanienbaum in Langenargen
ca. 1931
Öl auf Leinwand
73 × 60 cm
Signiert
Aufgenommen in den in Vorbereitung befindlichen Nachtrag des Werkverzeichnisses der Gemälde von Dr. Felix Billeter
Dr. Felix Billeter, Hans Purrmann Archiv, München
Sammlung Gotthard Jedlicka, Zürich; Privatsammlung Schweiz
- Galerie Ludorff, "Nach der Natur", Düsseldorf 2017
- Galerie Ludorff, "40 Jahre 40 Meisterwerke", Düsseldorf 2015
- Galerie Ludorff, "Nach der Natur", Düsseldorf 2017, S. 57
Mit Unterrichtsstunden in Karlsruhe und Studien an der Münchner Kunstakademie legt Purrmann den Grundstein für sein künstlerisches Schaffen und kommt dabei schon frühzeitig mit modernen Strömungen und Tendenzen der zeitgenössischen Kunst in Berührung. Nach Abschluss seines Studiums in München zieht es ihn im Jahre 1904 zunächst nach Berlin und von da aus weiter nach Paris, dem Zentrum der modernen Kunst der damaligen Zeit. Schnell findet er fernab der Heimat Zugang zu dem Kreis der deutschen Künstler, die sich regelmäßig im Café du Dôme treffen. Bedeutender für sein Werk sind jedoch die vielfältigen Kontakte zu jenen Kreisen, innerhalb derer die Künstler, Sammler und Händler an der Herausbildung und der Vermittlung einer neuen Form der Kunst beteiligt sind. So verkehrt er in der bedeutenden amerikanischen Sammlerfamilie Stein. Er begegnet Picasso und wird zunächst Schüler von Henri Matisse, dem er später als Freund eng verbunden ist. Matisse vermittelt ihm entscheidende Impulse für sein eigenes künstlerisches Schaffen, das zudem entscheidende Einflüsse von den Kunstprinzipien Paul Cézannes erhält. Er setzt diese Einflüsse in einer zunehmend eigenständigen, an der Natur orientierten Synthese aus Form und Farbe kraftvoll um. Vom Kriegsausbruch 1914 wird Purrmann während eines Aufenthaltes in Beilstein überrascht. Er verliert sein Atelier in Paris und muss umgehend nach Deutschland zurückkehren. Wegen einer Behinderung vom Kriegsdienst ausgemustert, lässt er sich nach einer Zwischenstation in Stuttgart schließlich in Berlin nieder.
Nach dem Kauf eines Hauses in Langenargen am Bodensee pendelt er zu Beginn der Zwanzigerjahre zwischen der Metropole Berlin und der reizvollen Landschaft am Bodensee. Viele der dort entstandenen Landschaftsdarstellungen sind durch das strahlend leuchtende Kolorit und die leichte, fast flüssige Malweise Purrmanns geprägt. So sind die Farben auch in unserer Leinwand Großer Kastanienbaum in Langenargen ganz dünn über die zarte Vorzeichnung gelegt. Einem Aquarell ähnlich nutzt Purrmann den hellen Grund, um die sommerliche Landschaft in ihren Farben erstrahlen zu lassen. Der Maler selbst sagt dazu: „Ich suchte farbig zu sein, eine Lichtwirkung zu erreichen, die mir das Motiv jeweils eingab, aber ohne mich von dem überwältigenden Licht des Himmels oder der Natur zu allzu hellen Farben hinreißen zu lassen. Meine Darstellung sollte sich flächenhaft auf der Leinwand abspielen und nur die jeweiligen Farbkontraste sollten mir das Mittel in die Hand geben, Licht und Erscheinung zu provozieren. Ich suchte auch Flächen gegeneinander auszuspielen und mit der Perspektive frei umzugehen. Es ist ja nicht so, dass die Natur ein fertig komponiertes Bild darstellt, das man nur abzumalen braucht.“1 Korrekturen können bei dieser Art des Farbauftrags nicht unsichtbar geschehen. Die gelungene Darstellung zeugt demnach nicht nur von der Schönheit der Landschaft am Bodensee, sondern auch vom großen technischen Geschick des Künstlers, diese in seinem lockeren und flüssigen Stil in einem Wurf ohne größere Korrekturen einzufangen. Darstellungen desselben Motivs befinden sich im Sprengel Museum in Hannover, im Museum Langenargen, im Städtischen Museum Mülheim an der Ruhr wie auch im Saarland Museum Saarbrücken.
1 Hans Purrmann, Vorwort zu „Stillleben und Landschaften“, zit. in: Akademie der Künste der Deutschen Demokratischen Republik, „Hans Purrmann, 1880-1966, Malerei, Graphik, Zeichnungen, Plastik“, Ausst.-Kat., Berlin (Ost) 1982, S. 100.