Hermann Hesse
Verfrühter Herbst
1935
Aquarell und Tusche auf Papier
2 Blätter, je 28,5 × 19,5 cm
Auflage Aus der Mappe "Zwölf Gedichte" für Professor Eduard Monnier (1875- 1940)
Dazu das handgeschriebene Gedicht mit 12 Zeilen
Privatsammlung Schweiz
- Galerie Ludorff, Neuerwerbungen Frühjahr 2022, Düsseldorf 2022
- Galerie Ludorff, "Neuerwerbungen Frühjahr 2022", Düsseldorf 2022, S. 61
Verfrühter Herbst
Schon riecht es scharf nach angewelkten Blättern,
Kornfelder stehen leer und ohne Blick;
Wir wissen: eines von den nächsten Wettern
Bricht unserm müden Sommer das Genick.
Die Ginsterschoten knistern. Plötzlich wird
Uns all das fern und sagenhaft erscheinen,
Was heut wir in der Hand zu halten meinen,
Und jede Blume wunderbar verirrt.
Bang wächst ein Wunsch in der erschreckten Seele:
Daß sie nicht allzu sehr am Dasein klebe,
Daß sie das Welken wie ein Baum erlebe,
Daß Fest und Farbe ihrem Herbst nicht fehle.