Katharina Grosse
Ohne Titel
2002
Acryl auf Leinwand
208,4 × 162 cm
Signiert, datiert und "1022M" beschriftet auf der Rückseite
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Atelier der Künstlerin; Galerie Mark Müller, Zürich (2002); Privatsammlung Schweiz (2002-2023)
- Galerie Ludorff, "Neuerwerbungen Frühjahr 2024", Düsseldorf 2024
- Galerie Ludorff, "Neuerwerbungen Frühjahr 2024", Düsseldorf 2024, S. 34
Einmal mehr verbildlicht sich in diesem leuchtenden Hauptwerk Katharina Grosses Credo, dass Farbe wechselhaft und stimmungsvoll ist und voller Leben dynamisch vor- und zurückspringende Bildräume erschafft, deren Wirkung sich die Betrachtenden nicht entziehen können. Grosse, die unter anderem dafür bekannt ist, losgelöst vom klassischen Bildträger zu arbeiten, häufig architektonische Gebilde, Alltagsgegenstände oder gar die pure Natur in ihre farbgewaltigen Arbeiten zu integrieren, wählt in diesem Fall eine über zwei Meter große Leinwand, die sie mit leicht gebogenen, transluzenten Pinselbahnen so überzieht, dass der Eindruck sich überlagernder Farbnetze in den verschiedensten, leuchtenden Farben entsteht. Im ersten Moment dominiert ein strahlendes Türkis, das aber wiederum nur so zum Leuchten gebracht werden kann, weil sich unmittelbar darunter ein dichtes Netz aus pinken Pinselbahnen befindet. Beim genaueren Hinsehen erkennt man dann, dass unter dem Pink ebenfalls Farbnetze aus Gelb-, Grün- und Rottönen angelegt sind, die dem Bild eine erstaunliche Tiefe verleihen und zu der faszinierenden, irisierenden Gesamtwirkung beitragen, die die Betrachtenden unmittelbar in ihren Bann zieht.
Grosse interessiert sich aber nicht nur für das rein optische Phänomen. Ihr konzeptuelles Interesse gilt dem Sichtbarmachen der Gleichzeitigkeit eines sukzessive entstehenden und zum Betrachtenden hin offenen Bildraumes. Sie selbst beschreibt dieses Phänomen wie folgt: »Was ich […] besonders finde beim Malen ist die Tatsache, dass eben alles auf der Fläche übereinandergestapelt ist und nachher alles gleichzeitig zu sehen ist, sodass du später so eine Art Zeit-Cluster siehst. Du siehst die ersten Dinge, die du auf der Fläche gemacht hast und die, die du zum Schluss gemacht hast, gleichzeitig. Es gibt kein Nacheinander, und das ist so besonders.« 1)
In dieser Aussage erkennt man, dass ihre Malerei sich zwar mit der amerikanischen Farbfeldmalerei und dem abstrakten Expressionismus auseinandergesetzt hat. Eindeutig spürbar ist aber vor allem der Einfluss der Konzeptkunst und gänzlich neuer Ansätze der Malerei der 1960er und 1970er Jahre. Insbesondere Gotthard Graubner, ihr Lehrer an der Kunstakademie Düsseldorf, übte großen Einfluss auf ihr drängendes Suchen aus, Dank dessen sie den Malprozess auf vielfältige Weise sichtbar und erfahrbar gemacht und somit zweifelsohne neue Wege in der Malerei erschlossen hat.
Ob mit der Spritzpistole, ihrem favorisierten Malwerkzeug, oder dem Pinsel aufgetragen – die kontrastreiche Farbpräsenz ihrer Arbeiten hat eine unweigerliche und unmittelbare Wirkung auf die Betrachtenden, die die Künstlerin wie folgt beschreibt: »Ich dachte, ein Bild muss einem entgegenstehen. Das muss wirklich wie ins Gesicht ragen. Das darf nicht irgendetwas Ruhiges, Kontemplatives für sich in einem speziellen Raum sein.« 2) Vergleichbare Malereien aus demselben Entstehungsjahr befinden sich unter anderem in den Sammlungen der Städtischen Galerie im Lenbachhaus in München (s. Abb. 1, S. 34) sowie dem Neuen Museum Nürnberg.
1) Vgl. Katharina Grosse im Interview mit Marion Leibrecht in Mainz, 13.Oktober 2020: https://pressetreff.3sat.de/programm/dossier/katharina-grosse-ein-bild-darf-nichts-ruhiges-kontemplatives-fur-sich-sein
2) Ebd.