Otto Mueller, Liegender Akt

Farbkreide auf Papier

49 × 67 cm

Signiert

Werkverzeichnis Pirsig-Marshall/von Lüttichau 2020 Nr. 1923/11 (565)

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Provenienz

Sammlung Etta & Otto Stangl, München; Dauerleihabe im Franz Marc Museum, Kochel (bis 2020)

Ausstellungen
  • Galerie Ludorff, Neuerwerbungen Frühjahr 2022, Düsseldorf 2022
Literatur
  • Galerie Ludorff, "Neuerwerbungen Frühjahr 2022", Düsseldorf 2022, S. 115
  • Tanja Pirsig-Marshall/Mario-Andreas von Lüttichau, "Otto Mueller: Catalogue Raisonné. Bd. II: Zeichnungen und Aquarelle/Drawings and Watercolours", Leipzig 2020, Nr. 1923/11
  • Carla Schulz-Hoffmann (Hg.), "Sammlung Etta und Otto Stangl. Von Klee bis Poliakoff", Ausst.-Kat. Bayerische Staatsgemäldesammlungen, Ostfildern-Ruit 1993, Nr. 133, S. 206

Von 1910 bis 1913 war Otto Mueller aktives Mitglied der expressionistischen Künstlergemeinschaft »Die Brücke«. Trotz seiner engen Verbindung zur Gruppe ist der Stil Muellers von einer sanfteren Stimme geprägt. Sein Fokus lag auf der Einheit von Mensch, Natur und der sie verbindenden Ursprünglichkeit, in der er auch das unverfälschte, ungetrübte Wesen von Mann und Frau sichtbar zu machen ersuchte. Diese Rückkehr zu einer Form des Ursprünglichen äußert sich in seinem Wirken von eindrucksvoller Klarheit und Einfachheit.

In unserer Kreidezeichnung »Liegender Akt« von ca. 1923 lässt sich Muellers Leidenschaft für den Mensch und vor allem den weiblichen Körper als Motiv sehr gut ablesen. Dunkle, aber dennoch zarte Linien rahmen einen Bildraum, der durch einen flinken, kräftigen Strich schwarzer Kreide im obersten Bilddrittel horizontal in zwei Hälften geteilt wird. In der unteren Ebene dominieren breite, sanfte Kreidespuren. In der oberen Ebene dagegen bilden wenige, diagonal geschwungene Schraffuren aus dunklem Blau und die freien Flächen zwischen ihnen sowohl Bewegung als auch Licht auf subtilste Weise. Im Zentrum des Werkes sehen wir eine nackte, weibliche Figur, die sich durch das sonnige Gelb ihres Inkarnats und den sinnlichen Schwung ihres Körpers deutlich von ihrer Umgebung abhebt. Sie stützt sich auf den Ellbogen des linken Armes, während der rechte Arm hinter ihrem Körper verdeckt bleibt und den Blick auf ihren uns zugewandten Bauch freigibt. Der Blick der Figur wendet sich von uns gänzlich ab und scheint der blau schraffierten Fläche im oberen Drittel zu gelten.

Die Betrachtenden nehmen in diesem Werk die Perspektive des Künstlers selbst ein, wohingegen die abgebildete Dame gleichermaßen so fasziniert und entspannt von ihrer Aussicht zu sein scheint, dass sie keine Notiz von uns nimmt, sich sogar dem Moment hingibt.

Der dunkle Pagenschnitt leitet uns zunächst in die Irre galt er doch als markantes Merkmal Muellers erster Ehefrau Maria »Maschka« Mueller. Jedoch entstand das vorliegende Werk im Jahr 1923, als das Paar bereits seit zwei Jahren geschieden war.

Bei der Dame handelt es sich um Elisabeth Lübke, seine zweite Ehefrau, welche ihn im Sommer 1923 auf Einladung der gemeinsamen Freunde Erich und Siddi Heckel zwecks eines Bade- und Arbeitsaufenthalts nach Osterholz an der Flensburger Außenförde begleitet hatte. Elisabeth, welche deutlich jünger war als Mueller, hatte sich, um diesem zu gefallen, dem Ebenbild ihrer Vorgängerin angepasst und sich ebenfalls einen Pagenschnitt schneiden lassen, den sie schließlich auch schwarz gefärbt trug.

Über Otto Mueller

Die Konzentration auf das Wesentliche und die besonnene Stille machen nicht nur den besonderen Reiz der Gemälde Otto Muellers aus, sondern sind ebenfalls für seine Papierarbeiten und sein graphisches Werk charakteristisch.

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