Sam Francis, Untitled (SF73-135)
© Sam Francis Foundation, California / VG Bild-Kunst, Bonn

Acryl auf Papier

26,5 × 38,7 cm

Rückseitig signiert und datiert

Entstehungsort: Tokio/Los Angeles

Registriert im Archiv der Sam Francis Foundation, Glendale, USA für das online Catalogue Raisonné Project unter der Nr. SF73-135

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Provenienz

André Emmerich Gallery, New York; Privatsammlung New York (1975); Martha Jackson Gallery, New York (1975); Galerie Beyeler, Basel (1976); Privatsammlung London

Ausstellungen
  • Galerie Ludorff, Sam Francis >SPACE & CONTAINMENT<, Düsseldorf 2021
  • André Emmerich Gallery, "Sam Francis: New York on Paper", New York 1975
Literatur
  • Galerie Ludorff, "Sam Francis >SPACE & CONTAINMENT<", Düsseldorf 2021, S. 54

Samuel Lewis Francis, genannt Sam, wird 1923 in San Mateo, einer kalifornischen Stadt in unmittelbarer Nähe zu San Francisco, geboren, wo er auch seine Kindheit und Schulzeit verlebt. Seine naturwissenschaftliche Neigung veranlasst ihn dazu, ab 1941 Medizin und Psychologie an der Universität in Berkeley zu studieren. Von 1943 bis 1945 dient Francis in der U.S. Army als Kampfflieger. Vor allem seine hier gewonnenen Impressionen der weitläufigen Landschaften, die sich, aus der Vogelperspektive beobachtet, zu Farben- und Formen abstrahieren, werden Spuren in seinem späteren malerischen Werk hinterlassen. Bei einem Absturz in der kalifornischen Wüste fügt sich Francis schwere Rückgratverletzungen zu, die ihn für längere Zeit unbeweglich ans Krankenhausbett fesseln. Im Lazarett beginnt Francis zu malen und hier reift auch sein Wunsch Künstler zu werden.

1945 beginnt er sein Studium bei David Parks an der California School of Fine Arts in San Francisco. Ab 1948 studiert er an der University of California Kunstgeschichte und schließt dieses 1950 mit dem Master of Arts ab. Im gleichen Jahr geht der Maler nach Paris, wo er insbesondere in Freundschaft zu dem kanadischen Künstler Jean-Paul Riopelle steht.

Seiner weltoffenen Art und seinem ausgeprägten Interesse an fremden Kulturen entsprechend, bereist der Künstler Mexiko, Japan, Thailand und Indien. In Paris, New York, Santa Barbara, Bern und Tokio lässt er sich zeitweise nieder und arbeitet dort in eigenen Ateliers. Auch 1973, das Entstehungsjahr unserer eindrucksvollen Arbeit, ist geprägt durch Aufenthalte in Tokio und Santa Monica. Sehr schön ist bei diesem Blatt ablesbar, wie Francis’ Einstellung, sich der Welt zu öffnen und diese als Ganze in sich aufzunehmen, in seine Kunst einzufließen scheint. Dr. Wieland Schmied beobachtet scharfsinnig: „Bei kaum einem ‚gegenstandslosen‘ Maler ist der Wirklichkeitsbezug so suggestiv wie bei Sam Francis. Jedes seiner Bilder ist bis zum Bersten angefüllt mit optischen Erlebnissen, mit visueller Erfahrung, ist getränkt mit der Sichtbarkeit der Welt.“1) Ein weiteres Charakteristikum von Francis Kunst ist seine Ausschnitthaftigkeit.2) So bieten die Bildränder seinen abstrakten Kompositionen keine Begrenzung, sondern es scheint, als wolle Francis nur ausschnitthaft auf ein Ganzes verweisen. Diese Vorgehensweise mag von zwei verschiedenen Perspektiven ableitbar sein: Francis Bilder scheinen nicht nur die sichtbare Welt aus einer großen Entfernung zu abstrahieren.3) Gleichzeitig scheint auch die verborgene innere Welt, die für das bloße Auge unsichtbar ist, hier mikroskopisch gespiegelt zu sein. So evozieren doch die amorphen, organischen Formen Erinnerungen an Mikroorganismen, mit denen Francis sich während seines Studiums der Medizin vermutlich auseinandergesetzt hat. Entgegen beider Leserichtungen bleibt das Dargestellte letztlich dennoch abstrakt. Ohne verweisenden Titel soll der Betrachter dem Werk unvoreingenommen begegnen. Francis malt ähnlich wie Jackson Pollock nach dem all-over Prinzip. Das bedeutet, dass er den Bildträger auf den Boden legt, so dass er die Farbe dann von allen Seiten aus aufbringen kann. Über das Papier oder die Leinwand gebeugt, schüttet, tropft oder spritzt er die Farben auf den Bildträger, wobei er bis über den Blattrand hinausgehend arbeitet. Bemerkenswert bei dieser Vorgehensweise ist, dass sie sowohl sehr spontan und dynamisch ist, gleichzeitig aber immer wieder auch einer Reflektion durch den Künstler bedarf. Unser spannungsvolles Bild fordert den Betrachter stets aufs Neue heraus, belohnt diesen nach ‚getaner Arbeit‘ aber auch mit einem künstlerischen Hochgenuss.

Anm.:

1) Zit nach Wieland Schmied, “Notizen zu Sam Francis”, in: Kestner-Gesellschaft e.V. (Hg.), „Sam Francis“, Ausst.-Kat. Kestner-Gesellschaft e.V., Hannover 1963, S. 12.

2) Vgl. ebd. S.8.

3) Eine Perspektive, die der Künstler als Pilot im 2. Weltkrieg kennengelernt hat.

Über Sam Francis

Sam Francis zählt zu den bedeutendsten Vertretern der zweiten Generation des Abstrakten Expressionismus. Beeinflusst durch das europäische Art Informel und den Zen-Buddhismus, entwickelt er ein Œuvre, das die Idee der Leere mit der Anwesenheit der malerischen Präsenz zu vereinen sucht.

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