Emil Nolde
Bildnis einer blonden Frau im Halbprofil
1930
Aquarell auf Japanpapier
47,1 × 33,8 cm
Signiert
Prof. Dr. Manfred Reuther, ehemaliger Direktor der Stiftung Ada und Emil Nolde, Seebüll
Privatsammlung Nordrhein-Westfalen; Galerie Bassenge, Berlin (Auktion 100, 29. Nov.-01. Dez. 2012, Los 8291); Privatsammlung München (2012-); Privatsammlung Hamburg; Krümmer fine art, Hamburg (Kat No. 5, 2014/15, Nr. 18); Privatsammlung Süddeutschland (2015-2022)
- Galerie Ludorff, Neuerwerbungen Frühjahr 2023, Düsseldorf 2023
- Galerie Ludorff, "Neuerwerbungen Frühjahr 2023", Düsseldorf 2023, S. 106
1908 beginnt Emil Nolde sich intensiv mit der Aquarellmalerei zu beschäftigen, 1910 verwendet er dafür erstmals das saugfähige Japanpapier, auf das er fortan wiederholt zurückgreift. Die spezifischen Eigenarten des Japanpapiers kommen Noldes Drang nach Unmittelbarkeit des Ausdrucks und Spontaneität in der künstlerischen Darstellung entgegen. Denn beim Auftrag der Farben auf dem angefeuchteten Papier ergeben sich nicht vorhersehbare Veränderungen. Die ineinanderfließenden Farben bilden changierende Farbzentren mit sowohl weichen als auch scharf konturierten Rändern. Sie durchtränken förmlich das Papier, scheinen wechselseitig durch und nehmen somit auch von der Rückseite des Blattes Besitz. »Farbe ist Kraft. Kraft ist Leben. Nur starke Harmonien sind gewichtig. Früh schon beschäftigten mich die Farben sehr. [..] Vor der Natur waren meist die vollen, satten Farbklänge meine Freude«1, führt Nolde die Farbe als das bestimmende Ausdrucksmittel in seiner Kunst an.
Das Bildnis der blonden Dame im Halbprofil entstand vermutlich auf der Nordseeinsel Sylt, wo sich Emil Nolde 1930 einige Monate aufhielt, da sein Wohn- und Atelierhaus in Seebüll, welches er sich und seiner Frau Ada nach eigenen Entwürfen 1927 hatte bauen lassen noch nicht gänzlich fertiggestellt war. Auf Sylt wohnte der Künstler im Haus Kliffende, dessen Besitzerin Clara Tiedemann ebenfalls Malerin war und ihm daher ein Atelier zur Verfügung stellen konnte. Nolde fertigte Portraits der Pensionsgäste an und in diesem Kontext entstand vermutlich auch das vorliegende Bildnis. Die blonde Dame mit dem modernen, kurzgeschnittenen Bob und der rot karierten Bluse ist im Halbprofil dargestellt. Mit aufgestütztem Arm und seitlich geneigtem Kopf posiert die Dargestellte in anmutiger Haltung für den Maler. Die intensiven Primärfarben Rot, Blau und Gelb dominieren das Portrait und verleihen dem Werk durch die einzigartige Leuchtkraft der Farben eine starke Präsenz.
1 Emil Nolde, »Mein Leben«, Köln 2008, S. 333.