Fritz Winter
Räume vertikal – mit Rot
1966
Öl auf Leinwand
251 × 206 cm
Signiert sowie rückseitig nochmals signiert, datiert und betitelt
Werkverzeichnis Lohberg 1986 Nr. 2576
Atelier des Künstlers; Privatsammlung Sep Ruf
- Galerie Ludorff, "40 Jahre 40 Meisterwerke", Düsseldorf 2015
- Gabriele Lohberg, "Fritz Winter, Leben und Werk", München 1986, Nr. 2576
Die Kunst ist entweder ein Teil des Lebens oder ein Teil der Ästhetik. Für mich ein Teil des Lebens, deshalb auch so weit und groß wie dieses selbst. Die Grundsätze für die Kunst liegen nicht im Vorhandenen, sondern im Zuoffenbarenden.1
Mit diesen Worten charakterisiert Fritz Winter die Intention seines künstlerischen Wirkens. Abstraktion steht für ihn dabei nicht im Gegensatz zur natürlichen Erscheinung der Dinge. Die ungegenständliche Bildsprache zeigt vielmehr, was sich hinter der sichtbaren Wirklichkeit befindet und ist Ausdruck dessen, wie sich diese verborgene Seite in der bildlichen Gegenwelt konkretisiert.
1905 in Altenbögge geboren, bestimmt der Schüler von Paul Klee, Wassily Kandinsky und Oskar Schlemmer maßgeblich die Entwicklung der Nachkriegsabstraktion in Deutschland und auch international. Nachdem ihn der Kriegsdienst und die anschließende Gefangenschaft wertvolle Zeit gekostet haben, stürzt er sich kaum heimgekehrt mit unbändigem Tatendrang in die künstlerische Arbeit und schafft in den folgenden dreißig Jahren ein umfangreiches OEuvre, das sich durch kritische Selbstreflexion ständig erneuert und kontinuierlich weiterentwickelt. Keine radikalen Brüche, sondern langsame Veränderungsprozesse führen ihn zu immer neuen Bildfindungen. Winter improvisiert immer stärker und abstrahiert immer zeichenhafter. Mitte der Sechziger Jahre löst er sich schließlich ganz vom realen Ausgangspunkt und es entstehenden die sogenannten Farbraummodulationen, die heute als die wichtigste Werkphase des Künstlers gelten. Unser Gemälde aus dem Jahr 1966 stellt ein besonders attraktives Beispiel aus dieser Zeit dar: In vertikalem Verlauf erstrecken sich unregelmäßig konturierte Farbbänder über die gesamte Fläche der großformatigen Leinwand. Die Farbkomposition baut auf Rot-, Blau- und Grautönen auf. Dabei nuanciert Winter sehr feinfühlig die lokalen Farbwerte. Das Spektrum reicht von warmen, hellen bis hin zu kühlen, dunklen Farben. Auch die Farbqualitäten sind differenziert ausgeführt und bewegen sich zwischen stumpf und leuchtend. Winter geht es in seinen Farbraummodulationen vor allem darum die Ambivalenz zwischen der Leinwand als Flächen- und der Farbe als Raumwert herauszuarbeiten.
1 Fritz Winter, Aus Briefen und Tagebüchern 1932 – 1950, zit. in: Werner Haftmann, „Fritz Winter“, Bern 1951, S. 17.