Josef Scharl, Schlafendes Kind
© Susanne Fiegel

Öl auf Leinwand

45,01 × 68 cm

Signiert und datiert

Werkverzeichnis Firmenich/Lukas 1999 Nr. 130

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Provenienz

Galerie J.B. Neumann und G. Franke München; Privatsammlung Schweiz

Ausstellungen
  • Galerie Ludorff, "Meisterwerke", Düsseldorf 2020
  • Galerie Ludorff, "Neuerwerbungen Frühjahr 2020", Düsseldorf 2020
Literatur
  • "Neuerwerbungen Frühjahr 2020", 2500, Galerie Ludorff, Düsseldorf, 2020, S. 124
  • Galerie Ludorff, "Meisterwerke", Düsseldorf 2020, S. 92
  • Andrea Firmenich (Hg.), "Joseph Scharl. Monographie und Werkverzeichnis", Köln 1999, Nr. 130

Die Darstellung von Kindern ist ein in der Kunstgeschichte oft gewähltes Thema, welches malerisch und inhaltlich vielfältige Interpretationen findet. So wird beispielsweise im christlichen Kontext häufig das Christuskind thematisiert, in der Mythologie schlüpft das Kind in die Rolle des kleinen Amors oder Putto, während es in der Genremalerei oft in seinem sozialen oder familiären Kontext gezeigt wird. Diese Darstellungen verfolgen meist eine stark narrative Intention. Erst im 19. und 20. Jahrhundert verändert sich der Blick auf das Kind und es wird mehr und mehr als eigene Persönlichkeit wahrgenommen und dargestellt.

Besonders eindrucksvoll sieht man diese neue Wertschätzung in dem 1928 von Josef Scharl geschaffenen Ölgemälde Schlafendes Kind. Durch den eng gewählten Bildausschnitt rückt das Kind in den absoluten Fokus. Der Künstler verzichtet auf jegliches schmückende oder erzählende Beiwerk. Der träumende Knabe liegt seitlich in sich zusammengerollt auf einem schlichten Holzboden. Den Kopf hat er auf seinen rechten Arm abgelegt und sein Gesicht scheint von einem außerhalb des Bildes liegenden Kaminfeuer hell erleuchtet zu sein. Auch der in einem warm-orangenen Holzton widergegebene Dielenboden scheint für das Kind nicht kalt oder ungemütlich zu sein.

Vermutlich handelt es sich bei dem dargestellten Jungen um Josef Scharls sechsjährigen Sohn Alois, dennoch verfolgt der Künstler nicht das Ziel eines Porträts. Der Junge scheint stellvertretend für alle Kinder zu stehen. Auch wenn die einfache Alltagskleidung des Jungens zwar auf einen zeitgenössischen Kontext hinweist, erscheint das Bild doch losgelöst von der Zeit. Dadurch erlangt das Gemälde eine Allgemeingültigkeit. Es vermittelt völlige Ruhe und das Gefühl des Reinen und Unverfälschten. Gleichzeitig spürt man die starke Parallelität zwischen Nähe und Distanz. Während wir dem Kind ganz nah sind und man förmlich spürt, wie wohlbehütet es ist, entzieht es sich dieser Nähe durch seinen Schlaf. Losgelöst von sämtlichem Kitsch vermittelt der Künstler uns einen Moment des absoluten Vertrauens.

Bemerkenswert hierbei ist auch Scharls malerische Vorgehensweise. Der Künstler erfasst den Körper des Jungen eher grafisch mit klar gesetzten Konturen. Sein züngelnder Malduktus lässt seine Verehrung von van Gogh erkennen, wenngleich er in seiner reduzierten Farbwahl zu einer eigenständigen, eher nüchterneren Bildsprache findet. Es ist sein großes künstlerisches Können, das Scharl sich zwar den Einflüssen seiner Zeit öffnen kann, aber gleichzeitig zu einem herausragenden, eigenen Kunststil gelangt, der zwischen Expressionismus und der Neuen Sachlichkeit einzuordnen ist. Dass er gewillt ist, seinen eigenen Weg zu gehen, zeigt sich bereits darin, dass er das Studium an der Münchener Kunstakademie abbricht, um sich autodidaktisch weiterzubilden.

Während das Werk zu seiner Entstehungszeit große Beachtung findet und es bei Ausstellungen der Neuen Münchener Sezession und der Juryfreien 1928 bzw. 1929 gezeigt wird, wird der Künstler später durch die Nationalsozialisten diffamiert. Scharl emigriert in die USA. Es dauert lange, bis das Werk Josef Scharls in Deutschland wiederentdeckt wird und es durch Einzelausstellungen in der Kunsthalle in Emden (1999/2000), am Städelschen Kunstinstitut in Frankfurt (2016/17) oder im Ernst-Barlach-Haus in Hamburg (2018) gewürdigt wird.

Katharina Bell

Galerie Ludorff

Installationsansicht Galerie Ludorff 2020

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