Max Ernst
De but en blanc
1959
Öl auf Holz
45 × 54 cm
Signiert und "59" datiert
Werkverzeichnis Spies/Metken 1998 Nr. 3462
Atelier des Künstlers; Edouard Loeb, Paris; Sammlung Graf Dr. Paolo & Gräfin Gretel Marinotti, Mailand; Nachlass Marinotti
- Galerie Ludorff, "40 Jahre 40 Meisterwerke", Düsseldorf 2015
- Palazzo Grassi, "Max Ernst. Oltre la pittura", Venedig 1966
- Werner Spies/Sigrid Metken/Günter Metken, "Max Ernst Œuvre-Katalog Werke 1953-1964", Bd. VI, Houston/Köln 1998, Nr. 3462
- "Hommage à Max Ernst. Numéro spécial de la revue XXe siècle", Paris 1971, Abb. S. 96
- Centro Internazionale delle Arti e del Costume (Hg.), "Max Ernst. Oltre la pittura", Ausst.-Kat., Venedig 1966, Nr. 17, S. 95
Das Gemälde De but en blanc von Max Ernst weckt unterschiedliche Assoziationen. Der querformatige Bildträger ist fast vollständig Dunkelrot koloriert, nur der obere Rand – einem Horizont ähnlich – ist in einem dunklen Grau gehalten. Im Zentrum des Bildes sind drei für das Werk von Max Ernst typische Muschelblumen (fleurs coquillages) dargestellt. Zwei größere in einem Spektrum von Grau und Weiß und eine kleinere in einem leuchtenden Orange. Durch die Bearbeitung mit einem Spachtel entsteht eine rosettenähnliche Struktur, die wie aufgefächert wirkt. Nicht das Erkennen der Gegenstände und die Deutung der Motivik, sondern vielmehr die uneingeschränkte und freie Interpretation steht dabei für den Künstler im Vordergrund. „De but en blanc“ bedeutet übersetzt so viel wie „aus heiterem Himmel“ und ist ein sehr typischer Titel, da er nicht eindeutig auf etwas verweist, sondern den Spielraum für die Interpretation weiterhin offen lässt.
Als Mitbegründer der Kölner Dada-Bewegung und Wegbereiter des Surrealismus war Max Ernst stets auf der Suche nach neuen Ausdrucksmöglichkeiten. Mit Hilfe verschiedener Techniken, wie der Frottage, Grattage oder des Decalcomanieverfahrens schafft der 1891 in Brühl geborene Künstler zufällige Oberflächenstrukturen, die ihm als Inspirationsquelle für Landschaften, Figuren und Formen dienen. Er weist ausdrücklich darauf hin, dass seine Werke ganz frei interpretiert werden sollen und keine vorausgenommene Deutung den Gedankenfluss hemmen soll. Für ihn selbst gilt es verborgene Widersprüchlichkeiten aufzuspüren und ambivalente Naturerscheinungen herauszuarbeiten. Aus dem Gedankenspiel sowie der Unbestimmbarkeit und Wandelbarkeit seiner Figuren heraus schöpft der Künstler die Poesie seiner rätselhaften Werke.
Erst bei näherer Betrachtung von De but en blanc beginnt sich in uns das malerische Ergebnis zu entfalten und zu wirken: Wir folgen dem sensualistischen Reiz, der von dem Gemälde ausgeht. Unsere Augen bleiben in Bewegung und hangeln sich von Form zu Form. Als aktiver Schöpfer ist Max Ernst in den Hintergrund getreten; er bleibt lediglich die kontrollierende Instanz, die die Muschelblumen entwirft und behutsam unser Seherlebnis lenkt.