Erich Heckel, Dorfstrasse

Wachskreide auf Papier

36,5 × 45,7 cm

Signiert und "07" datiert sowie rückseitig von Siddi Heckel "Dorfstrasse" betitelt

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Expertise

Renate Ebner, Nachlass Erich Heckel, Hemmenhofen

Provenienz

Atelier des Künstlers; Roman Norbert Ketterer, Campione d'Italia (um 1965 direkt vom Künstler erhalten); Privatsammlung Bremen; Privatsammlung London (seit den 1960er Jahren)

Ausstellungen
  • Galerie Ludorff, "Meisterwerke", Düsseldorf 2020
  • Galerie Ludorff, "Drawn World: Zeichnungen von Menzel bis Warhol", Düsseldorf 2019
  • Galerie Ludorff, "Nach der Natur", Düsseldorf 2017
  • Galerie Roman Norbert Ketterer/Galerie Wolfgang Ketterer/Kunstverein Hannover, "Erich Heckel. Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen", Campione d'Italia/München/Hannover 1966
  • Tate Gallery, "Painters of the Brücke", London 1964
  • Folkwang Museum, "Brücke 1905-1913: eine Künstlergemeinschaft des Expressionismus", Essen 1958
  • Oldenburger Kunstverein, "Maler der "Brücke" in Dangast 1907 bis 1912: Karl Schmidt-Rottluf, Erich Heckel, Max Pechstein, Emma Ritter", Oldenburg 1957
  • Städtisches Kunstmuseum, "Erich Heckel", Duisburg 1957
Literatur
  • Galerie Ludorff, "Meisterwerke", Düsseldorf 2020, S. 78
  • Galerie Ludorff, "Drawn World. Zeichnungen von Menzel bis Warhol", Düsseldorf 2019, S. 41
  • Galerie Ludorff, "Nach der Natur", Düsseldorf 2017, S. 46
  • Galerie Roman Norbert Ketterer/Galerie Wolfgang Ketterer/Kunstverein Hannover, "Erich Heckel. Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen", Ausst.-Kat., Campione d'Italia/München/Hannover 1966, Nr. 52, S. 60
  • Tate Gallery, "Painters of the Brücke", Ausst.-Kat., London 1964, Nr. 21, S. 31
  • Folkwang Museum, "Brücke 1905–1913. Eine Künstlergemeinschaft des Expressionismus", Ausst.-Kat., Essen 1958, Nr. 18, S. 40
  • Städtisches Kunstmuseum Duisburg, "Erich Heckel", Ausst.-Kat., Duisburg 1957, Nr. 69
  • Gerhard Wietek/Oldenburger Kunstverein (Hg.), "Maler der "Brücke" in Dangast 1907 bis 1912. Karl Schmidt-Rottluf, Erich Heckel, Max Pechstein, Emma Ritter", Ausst.-Kat., Oldenburg 1957, Nr. 88, S. 91

Auf der Suche nach dem Ursprünglichen in der Natur entdeckten Erich Heckel und Karl Schmidt-Rottluff im Sommer 1907 die Fischerdörfer Dangast und Dangastermoor am Jadebusen im Oldenburger Land. Bis 1910 avancierte die weitgehend unberührte Gegend zum Refugium regelmäßiger Sommeraufenthalte und zu einem wichtigen Gegenpol zum urbanen Leben in Dresden. Bei seinem ersten Aufenthalt von Juni bis Oktober 1907 nahm Heckel Quartier in Dangastermoor. Begeistert von der Region verlegte er als Geschäftsführer der Künstlergruppe »Brücke« sogar deren Geschäftsstelle vorübergehend in den Ort.

Fasziniert von der von Wind und Wetter, dem harten Licht und der klaren Luft des Nordens geprägten Landschaft zwischen Meer, Marsch und Moor schuf Heckel 1907 zahlreiche Werke, darunter auch Zeichnungen, die heute zu den frühesten noch erhaltenen Zeichnungen des Künstlers überhaupt zählen. Ein Großteil der frühen Papierarbeiten ging bei der Zerstörung des Berliner Ateliers durch Bombentreffer im Januar 1944 verloren. Von Heckels erstem Dangast-Aufenthalt haben sich lediglich zwei weitere Farbzeichnungen im Brücke-Museum Berlin und im Landesmuseum Oldenburg erhalten.

In dem großformatigen, mit farbigen Wachskreiden ausgeführten Blatt ist der Blick auf die Dorfstrasse, vermutlich in dem kleineren Ort Dangastermoor, eingefangen. Einzig eine Bauernfigur im Vordergrund belebt die stille, ansonsten menschenleere Kulisse; ein hoher Himmel im Morgenlicht überspannt die dörfliche Idylle. Im wirkungsvollen Kontrast zur unspektakulären Alltagsszenerie steht Heckels impulsive Bildsprache. Auf das Gesehene reagierte er mit einem raschen, gestisch bewegten Linienduktus, der Gebäude, Straße und Himmelsfläche zu vibrierender Energie steigert. »Es hat auch für mich manchmal berauschenden Reiz, ganz im Chaos unterzutauchen – nur Farbe, nur zitterndes, flimmerndes Licht«, schilderte Heckel sein besonderes Ausdrucksverlangen im Oktober 1907. Ihm ging es um ein spontanes, intuitives Erfassen des Beobachteten, wodurch die Darstellung den besonderen Charakter einer flüchtigen, wie beiläufig erfassten Momentaufnahme gewinnt. Unmittelbarkeit des Sehprozesses und Vehemenz der Umsetzung verleihen der Zeichnung ihren kraftvoll-expressiven Ausdruck. Ganz wesentlich intensiviert wird dies durch die leuchtenden Farbkontraste, die im Zusammenspiel mit offen gelassenen Blattstellen eine starke Lebendigkeit und unmittelbare Frische vermitteln. In diesen frühen Zeichnungen erzielte Heckel eine eindrucksvolle Verselbstständigung der Linie, die sich zum autonomen, von der bloßen Wiedergabe der sichtbaren Wirklichkeit befreiten Ausdrucksmittel steigerte. Leidenschaftlich artikuliert sich ein subjektives Ausdrucksverlangen, abseits der Konvention herkömmlicher Zeichenkunst.

Andreas Gabelmann

Verfasser des in Vorbereitung befindlichen Werkverzeichnisses der Druckgrafik von Erick Heckel

Installationsansicht Galerie Ludorff 2020

Über Erich Heckel

Erich Heckel zählt zu den wichtigsten Vertretern des deutschen Expressionismus. Er ist Mitbegründer der Künstlergruppe „Brücke“, die zu den einflussreichsten künstlerischen Strömungen des 20. Jahrhunderts zählt.

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