Lyonel Feininger, Ready to depart
© VG Bild-Kunst, Bonn

Tusche auf Papier

21 × 29 cm

Signiert, "Saturday Sept. 2nd, 1911" datiert und betitelt

Registriert im Archiv des Lyonel Feininger Project LLC New York/Berlin unter der Nr. 1660-08-10-20

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Expertise

Achim Moeller, Geschäftsleiter des Lyonel Feininger Project LLC, New York; T. Lux Feininger, Cambridge, USA

Provenienz

Sotheby’s, London, 24. März 1998, lot 76; Galerie Pudelko, Bonn (1999); Privatsammlung Zürich; J + P Fine Art, Zürich (2005); Privatsammlung Paris

Ausstellungen
  • Galerie Ludorff, "Meisterwerke", Düsseldorf 2020
  • Galerie Ludorff, "Neuerwerbungen Herbst 2020", Düsseldorf 2020
  • Galerie Ludorff, "Neuerwerbungen Herbst 2019", Düsseldorf 2019
  • Galerie Ludorff, "Meisterwerke", Düsseldorf 2020
Literatur
  • Galerie Ludorff, "Meisterwerke", Düsseldorf 2020, S. 56
  • Galerie Ludorff, "Neuerwerbungen Herbst 2020", Düsseldorf 2020, S. 16

Schon als Heranwachsender interessiert sich der gebürtige Amerikaner Lyonel Feininger in seiner Heimatstadt New York neben Schiffen vor allem für Eisenbahnen. Weniger sind es die ständig neuen technischen Innovationen, denen sein Augenmerk gilt. Stattdessen sind es Lokomotiven und Waggons aus der Frühzeit dieser sich rasant entwickelnden neuen Art der Weiterbewegung, die den jungen Feininger begeistern. Wie mit den Schiffen legt er sich früh eine eigene Sammlung von Abbildungen der unterschiedlichen Eisenbahntypen an, die ihn zeitlebens begleiten wird.

Mit seiner Übersiedlung von New York nach Deutschland, dem Land seiner Vorfahren, wendet er sich 1887 ganz der bildenden Kunst zu. Zunächst in Hamburg, dann an der Kaiserlichen Akademie in Berlin, beginnt er eine traditionelle akademische Ausbildung, die ihn jedoch wenig befriedigt. Der Ausweg, den er dazu findet, ist die Karikatur, die im ausgehenden 19. Jahrhundert eine Blütezeit erlebt. Feininger wird schnell zu einem der angesehensten Zeichner für politische und gesellschaftskritische Darstellungen, die in einer Vielzahl unterschiedlichster Zeitschriften publiziert werden. In den Karikaturen kann er seiner Fantasie freien Lauf lassen. Es ist dabei bezeichnend, dass die Eisenbahn in seinen Karikaturen oder grotesken Zeichnungen schon früh Thema wird, und bereits 1904 in der Zeitschrift »Der liebe Augustin« publiziert wird.

Auch nach seiner inneren Lösung von der Karikatur hin zum unabhängigen, freien Künstler, die sich mit dem Aufenthalt in Paris 1905 bis 1907 vollzieht, ist die Eisenbahn, vor allem deren Lokomotiven, wiederkehrendes Bildmotiv in seinen frühen Gemälden und Zeichnungen. In den altertümelnden Eisenbahn-Darstellungen, denen er biedermeierliche Figuren an die Seite stellt, findet er erstmals zu komplexen Bildkompositionen. Eine dieser Darstellungen, Alte Amerikanische Lokomotive, 1910 (Hess 53/Moeller 62) wählt Feininger aus, um es neben fünf weiteren Gemälden im Frühsommer 1911 in der Société des Artistes Indépendants, 27. Exposition, in Paris auszustellen. Auch wenn Feiningers Arbeiten hier kaum wahrgenommen werden, ist für ihn die erste persönliche Begegnung mit dem Kubismus in dieser Schau von grundsätzlicher Bedeutung. Sein weiteres malerisches wie zeichnerisches Werk wird sich von nun an am Kubismus messen, ohne dass Feininger dabei diesen nachzuahmen sucht.

Die Zeichnung Ready to Depart ist als ein exemplarisches Beispiel dieser zentralen Entwicklung zu sehen, die sich seit Feiningers Rückkehr aus Paris nach Berlin im April 1911 in seinem Werk vollzieht. Zeigt die Komposition noch die Motivwelt, die er seit 1908/09 eher flächenbetont entwickelt, wird jetzt der Strich der Zeichnung deutlich differenzierter. Er ist nicht mehr Umrisslinie, sondern Feininger betont die Räumlichkeit und dreidimensionale Gegenstände, wie den wuchtigen Schornstein der Lokomotive. Feine, gegenläufige Schraffuren nicht nur bei der Lokomotive und dem Rauch, der aus dem Schornstein steigt, sondern auch im Vordergrund, die dargestellten historisierenden Figuren umgebend, schaffen einen für Feininger vollkommen neuen Bildraum. Diese bildkünstlerische Erkenntnis ist die Grundlage für die weitere Entwicklung Feiningers, in der sich das, was in dieser Zeichnung mit Schraffuren angelegt ist, zu transparenten, sich überlagernden farbigen Flächen umformt. Ready to Depart fällt in diese für Lyonel Feininger so wichtige künstlerische Phase. Weitere Zeichnungen aus dieser Eisenbahn-Serie von 1911 befinden sich im Art Institute of Chicago (At the Water Pump, filling up, 11. 6. 1911) und im Philadelphia Museum of Art (The Pride of the Road, 11. 7. 1911).

Ulrich Luckhardt

Kunsthistoriker, Autor zahlreicher Publikatioen zu Lyonel Feininger

Über Lyonel Feininger

Lyonel Feiningers Einfluss auf die die Kunst des 20. Jh. ist eng verknüpft mit seiner 1919 begonnenen Lehrtätigkeit am Staatlichen Bauhaus in Weimar.

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